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Impuls zum 12. Februar 2023

Zum 6. Sonntag im Jahreskreis

Von Diakon Hope Rauguth, geschäftsführender Bundesvorstand pax christi

Lied
Gotteslob 481
1) Sonne der Gerechtigkeit,
gehe auf zu unsrer Zeit;
brich in Deiner Kirche an,
dass die Welt es sehen kann.
Erbarm Dich, Herr.

2) Weck die tote Christenheit
aus dem Schlaf der Sicherheit,
dass sie Deine Stimme hört,
sich zu Deinem Wort bekehrt.
Erbarm Dich, Herr.

Gebet zu Anfang
Gerechtigkeit, die aus dem Herzen kommt
Gott, unser Vater,
dein Sohn ruft uns zu einer neuen
Gerechtigkeit auf, die aus dem Herzen kommt.
Gib uns die Kraft zu einem Handeln, das sich
für die Menschen und für das Leben entscheidet.
Durch Christus, unseren Herrn.

Ausschnitt vom Evangelium des 6. Sonntages im Jahreskreis
Mt 5,20-22A

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Ich sage euch:
Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist
als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer,
werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Zum Nachdenken
Die Gerechtigkeit, die Lebensführung nach dem Willen Gottes, ist Bedingung für das Eingehen in das Himmelreich. Sie muss weit größer sein als die der Pharisäer. Im Matthäusevangelium stellt Jesus das Liebesgebot in die Mitte des Gesetzes. Nicht sklavisches Anklammern an die Bestimmungen des Gesetzes, sondern die Erfüllung des Liebesgebotes ist die "größere Gerechtigkeit". - Dieser Grundsatz hat für uns heute nichts von seiner Aktualität verloren. Ein Lied, das mich im kirchlichen und politischen Kampf um die Gerechtigkeit Gottes seit Jahrzehnten begleitet ist „Sonne der Gerechtigkeit“. 

Es ist in seiner vorliegenden Form ein Patchwork-Produkt, das im Wesentlichen auf die redaktionelle Arbeit von Otto Riethmüller zurückgeht, das dieser um 1930 aus älteren Liedstrophen aus dem 18. und 19. Jahrhundert von verschiedenen Autoren zusammenstellte, um den Kehrvers „Erbarm dich, Herr“ erweiterte und mit der seither dafür gebräuchlichen Melodie aus dem 16. Jahrhundert verband. Es war ein Weckruf Riethmüllers an die Kirche im Dritten Reich.

Das Lied wurde in viele Gesangbücher aufgenommen, so in das Evangelische Gesangbuch und das Katholische Gotteslob. Das Bild einer Sonne der Gerechtigkeit wurde vom Propheten Maleachi geprägt: „Euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln.“ (3,20 ).  Mit seiner Betonung von Gerechtigkeit „in unserer Zeit“ eignete sich das Lied für politische Absichten. In den 1980er Jahren wurde es häufig in den Friedensgebeten gesungen, die sich für die Wiedervereinigung Deutschlands einsetzten. 1989 hatte das Lied seinen festen Platz bei den Friedensgebeten und Demos in Leipzig und anderen Städten der DDR. Es wurde bei Kirchentagen gesungen, so auch von mir beim Evangelischen Kirchentag 2013 in Hamburg mit 130.000 Besuchern gemeinsam beim Abschlussgottesdienst. Es wurde als politischer Protestsong benutzt und zum Ausdruck des Wunsches nach ökumenischer Einheit und einer Erneuerung der Kirche. 

Das Thema ist Verlangen nach Gerechtigkeit und Eintracht, sowohl in der Gemeinde, zwischen Kirchen und unter Völkern. So kommen in dem Lied "Sonne der Gerechtigkeit" die Themen Erneuerung, Sendung und Einheit der Kirche zusammen. Die Einheit der Kirche dient ihrer Glaubwürdigkeit und Sendung, und Einheit und Sendung können nicht Wirklichkeit werden ohne die Erweckung und Erneuerung durch Gott. Nur eine wache Kirche, die ihre Einheit und ihre Sendung lebt, kann die Zeichen der Zeit erkennen und Gottes Stimme zu Gehör bringen. Die Wirklichkeit unserer Gemeinden ist jedoch oft bestimmt von Trägheit, Trennungen und Streitigkeiten. Christen sind manchmal mehr beschäftigt mit sich selbst als mit der Welt um sie herum. So habe ich mit den Anliegen des Friedens und der Gerechtigkeit dort selten den Platz gefunden, den es bräuchte. Angesichts dieser Lage in vielen Kirchen Europas und Nordamerikas ziehen sich manche Christen aus der Kirche zurück und resignieren. Manche gehören äußerlich noch zur Kirche, haben sich aber innerlich zurückgenommen. Viele treten ganz aus. Andere erkennen den Ernst der Lage und bedrängen Christen und Gemeinden mit moralischen Appellen - zu mehr Missionsengagement, zu mehr ökumenischem Bemühen. Was soll man nun also tun: Mehr beten? Mehr Missionieren? Mehr die Ökumene pflegen? 

Wir Christen sind nicht dadurch Christen, dass wir bestimmten Idealen nachjagen oder Gebote genau erfüllen. Wir müssen nicht immer die "Besser-Menschen" sein. Auch unter uns Christen kommt es zu Streitereien und Machtgelüsten. Der Weg, um sich selbst immer wieder neu als Gemeinde Jesu zu finden, geht über den einen Gebetsruf, der in dem Lied ständig wiederholt wird: "Erbarm' dich, Herr!" Dass jede Strophe von diesem Gebet abgeschlossen wird, ist keine fromme Floskel, sondern Anfang und Ende allen Mühens um Einheit, Mitte und Grund alles missionarischen Engagements. Dieses Gebet "Erbarme dich, Herr!" führt dahin, wo alles Christentum begann: zu der Konsequenz Jesu im Eintreten für uns Menschen und die Gerechtigkeit Gottes, welche ihn ans Kreuz führte. Als Jesus am Kreuz starb, nahm er die Gebrochenheit und Gemeinheit des menschlichen Lebens auf sich. Das, was in diesem Lied besungen wird, kann uns Christen nicht aus uns selbst heraus gelingen. In unserer Konzentrierung auf uns selbst, durch unsere Trägheit und unser Streben nach Macht erfahren wir unsere Grenzen. Indem wir Gott um Erbarmen bitten, gestehen wir unsere Begrenztheit und Unvermögen ein, und ehren gerade dadurch Gott als Gott, der sich unserem schwachen und gebrochenen menschlichen Tun als gnädiger Gott erweist. So bleiben Christen davor bewahrt, zu frommen Idealisten zu werden, die sich und andere unter Druck setzen und nicht mehr aus der Freiheit des Evangeliums leben. Nur getragen von diesem Ruf nach Erbarmen kann es gelingen, allen Druck aus den Idealen der Einheit und der Sendung der Kirche zu nehmen, sie erst einmal als Gabe Gottes zu empfangen und dann auch zu leben.

3) Schaue die Zertrennung an,
der sonst niemand wehren kann;
sammle, großer Menschenhirt,
alles, was sich hat verirrt.
Erbarm Dich, Herr.

4) Tu der Völker Türen auf;
Deines Himmelreiches Lauf
hemme keine List noch Macht.
Schaffe Licht in dunkler Nacht.
Erbarm Dich, Herr.

Fürbitten
Hans Hütter (2023)
Herr, Jesus Christus,
du forderst von uns eine Gerechtigkeit, die größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer.
Wir bitten dich dazu um deine Hilfe:

Hilf allen Menschen, die in ungerechte Kriege und Auseinandersetzungen hineingezogen worden sind, dem Unrecht und dem Leid zu entkommen.

Hilf allen Menschen, denen Unrecht geschehen ist,
deren Ehre verletzt worden ist,
oder die sich gedemütigt fühlen,
nicht auf Vergeltung und Rache zu sinnen,
sondern einen Weg zur Versöhnung zu finden.

Hilf allen Menschen, die an ihren Beziehungsidealen scheitern,
einander zu vergeben und neu anzufangen.

Hilf allen Menschen, die getäuscht und hinters Licht geführt worden sind
und den Glauben an Wahrhaftigkeit verloren haben,
neues Vertrauen aufzubauen.

Hilf allen, die sich durch Unrecht und Lüge Vorteile verschafft haben,
den Schaden wieder gut zu machen
und wieder gerechte Verhältnisse herzustellen.

Hilf allen Toten, besonders allen Opfern der Kriege und Verbrechen,
Frieden, Vergebung und Gerechtigkeit zu finden.

Du, Herr, hast nicht Böses mit Bösem vergolten,
du hast selbst im Sterben noch deinen Peinigern vergeben
und so das Böse überwunden.
Wir danken dir dafür. – Amen.

Vater unser

Meditation
GERECHTIGKEIT

Kurt Marti

Recht:
ein Recht oft
der Stärkeren

Recht:
ein Recht oft
der Reichen
Gerechtigkeit aber
fordert Recht
für die Schwachen.

Gerechtigkeit
fordert Recht
für die Armen.

Jesus starb
für die Macht
der Gerechtigkeit.

Jesus starb
durch das Recht
der Mächtigen.

Schlussgebet 
Manfred Wussow (2011)

Geh du mit, treuer Gott,
wenn wir uns auf den Weg machen.
Ohne deinen Beistand,
ohne dein Geleit können wir nicht leben.
Was wir nicht wissen, ist bei dir gut aufgehoben:
Die Tage, die vor uns liegen,
die Menschen, denen wir begegnen werden,
die Worte, die wir noch finden müssen.
Lass dein Angesicht über uns leuchten
und schenke uns deinen Frieden.
In Christus, unserem Herrn.

5) Gib den Boten Kraft und Mut,
Glauben, Hoffnung, Liebesglut,
laß Du reiche Frucht aufgehn,
wo sie unter Tränen säen.
Erbarm Dich, Herr.

6) Laß uns Deine Herrlichkeit
sehen auch in dieser Zeit
und mit unsrer kleinen Kraft
suchen, was den Frieden schafft.
Erbarm Dich, Herr.