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Impuls zum 11. Oktober 2020

Zum 28. Sonntag im Jahreskreis

Von Albert Hohmann (Trier), Mitglied im pax christi Diözesanvorstand Trier


Es segne dich der HERR vom Zion her, er, der Himmel und Erde erschaffen hat. 
(PS 133/134)
Lesung Jesaja 32, 6 – 9

6 Auf diesem Berg aber wird der HERR der Heerscharen allen Völkern ein fettes Mahl zubereiten, ein Mahl mit alten Weinen, mit fettem Mark, mit alten, geläuterten Weinen. 7 Und verschlingen wird er auf diesem Berg die Hülle, die Hülle über allen Völkern, und die Decke, die über alle Nationen gedeckt ist. 8 Den Tod hat er für immer verschlungen, und die Tränen wird Gott der HERR von allen Gesichtern wischen, und die Schmach seines Volks wird er verschwinden lassen von der ganzen Erde, denn der HERR hat gesprochen. 9 Und an jenem Tag wird man sagen: Seht, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns hilft! Das ist der HERR, auf ihn haben wir gehofft. Lasst uns jubeln und froh sein über seine Hilfe! 

Vor gut 75 Jahren ist der 2. Weltkrieg mit seinen grauenhaften und todbringenden Vorgängen zu Ende gegangen. Diese Erfahrungen von Tod und Leid ließ viele Menschen von dem Satz „nie wieder Krieg“ überzeugt sein, eine Erkenntnis von solcher Allgemeinheit, dass sie sich in Verfassungen der Bundesländer und im Grundgesetz niedergeschlagen hat. Abgesehen davon, welche Wirkungen sich daraus entwickelt haben, die Kriegstraumata haben den Horizont für verändertes politisches Handeln eröffnet.

Im ersten Testament sind die Eroberung des Nordreiches und später des Südreiches mit der Zerstörung Jerusalems für das Volk der Befreiung aus Ägypten und des Bundes vom Sinai sozusagen das Ende, traumatisch für seine Existenz und Gottesbeziehung. Tod, Zerstörung, Deportation und Gefangenschaft sind das Los; mehr noch, Gott scheint sein Volk verworfen zu haben. 

Diese bittere Erfahrung beschreibt der Psalm 78/79 so: 
„Völker sind eingedrungen in dein Erbe, 
sie haben deinen heiligen Tempel entweiht,  
sie legten Jerusalem in Trümmer. 
2 Die Leichen deiner Knechte haben sie zum Fraß gegeben
den Vögeln des Himmels, 
das Fleisch deiner Frommen den Tieren der Erde. 
3 Ihr Blut haben sie wie Wasser vergossen rings um Jerusalem 
und niemand hat sie begraben. 
4 Wir sind zum Hohn geworden unseren Nachbarn, 
zu Spott und Schimpf denen, die rings um uns wohnen.“

Wie lässt sich das verstehen angesichts der Erwählung durch den Herrn und seiner Heilzusagen? Wird er um seines Namens willen sein Volk wieder mit Macht emporheben und vor allen Völkern großmachen?

In Exil werden der Untergang als Folge der Missachtung des Bundes durch das Volk und die Könige gesehen. Eine Fortsetzung kann es nicht geben. Neben Resignation und Hoffnungslosigkeit eröffnet die erlebte Katastrophe und das erfahrene Leid einen Lernprozess. Der Herr ist nicht der Starke und Mächtige, der sich wie ein übermächtiger Krieger durchsetzt. Er steht „auf der Seite der der Rechtlosen, aber der Krieg ist nicht sein Offenbarungsort“. Vielmehr besteht sein göttliches Handeln darin, die Völker zu bewegen, ihre Schwerter in Pflugscharen und ihre Lanzen in Winzermesser umzuschmieden. (Jes 2,4)

Zwei Eckpunkte der Geschichte Israels werden zu Hoffnungsbildern, allerdings erheblich gewandelt: das Königtum und der Berg Zion. Der künftige Gesalbte (König, Messias) ist alles andere als ein Gewaltherrscher, sondern der Gottesknecht, der Licht für die Völker ist (Jes 49, 5-6).

Der Zion wird vom Ort der Gegenwart des Gottes Israels zum Sammelpunkt der Völker, zu ihrem Schalom. In Jesaja 2 ist das so entfaltet: 

„2. Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg des Hauses des HERRN steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Nationen. 3 Viele Völker gehen und sagen: Auf, wir ziehen hinauf zum Berg des HERRN und zum Haus des Gottes Jakobs. Er unterweise uns in seinen Wegen, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn vom Zion zieht Weisung aus und das Wort des HERRN von Jerusalem. 4 Er wird Recht schaffen zwischen den Nationen und viele Völker zurechtweisen. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Lanzen zu Winzermessern. Sie erheben nicht das Schwert, Nation gegen Nation, und sie erlernen nicht mehr den Krieg.“

Diese neue Dimension muss mit einem Fest gefeiert werden, bei dem es an nichts fehlen darf. (Fettes) Fleisch und gereifte Weine machen diese neue Situation leibhaftig. Verwurzelt in der Tradition seines Volkes vergleicht Jesus selbst das Königtum Gottes entsprechend mit einem Hochzeitsmal, einem Freudenmahl. 

Den Völkern bleibt nicht mehr verhüllt, dass die Tora, die Weisung Gottes Schalom schafft. Zion ist der Ort des Friedens, weil die Tora realisiert wird. Das Leben nach der Weisung Gottes lässt eine Gesellschaft entstehen, zu der die anderen Völker fasziniert aufblicken können. Sie machen sich auf den Weg, um dort zu lernen. „Die Weisung, die sie dort in Jerusalem bekommen, ist eben die des Verzichts auf die Durchsetzung des Rechts durch Waffengewalt. Dieser Verzicht ist nicht erreichbar, es sei denn über die Faszination durch eine von Gott schon verwandelte Teilgesellschaft der Menschheit, die in ihrer strahlenden Existenz zeigt, dass so etwas überhaupt möglich ist.“ (N. Lohfink)

Die Tora ist das entscheidende Kriterium, im Bösen wie im Guten. Ersteres wird immer neu von den Propheten beklagt wie etwa in Jesaja 1, 15-17: 

„15 Wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch. Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht. Eure Hände sind voller Blut. 16 Wascht euch, reinigt euch! Schafft mir eure bösen Taten aus den Augen! Hört auf, Böses zu tun! 17 Lernt, Gutes zu tun! Sucht das Recht! Schreitet ein gegen den Unterdrücker! Verschafft den Waisen Recht, streitet für die Witwen!“ 

Gott ohne den Kontext des menschlichen Zusammenlebens zu denken, heißt ihn verfehlen. Wer das Angebot des Gottes der Befreiung und der Tora annimmt, eröffnet eine Gesellschaft, die Unterdrückung und Leid hinter sich lässt. Damit werden für das Volk Israel auch die Tränen über Leid und Tod bei dem Untergang und in der Gefangenschaft und die erlittene Schmach hinweg genommen.

Wie das Miteinander unter der Ansage des Reiches Gottes aussehen kann, manifestiert die Bergpredigt exemplarisch in seinen fundamentalen Ausführungen. Schalom ist seine Frucht und das Fest seine Dokumentation.

Die Hoffnungsbilder lassen daran glauben, dass Waffen und Krieg, Unterdrückung und Unrecht nicht das letzte Wort haben werden. Wenn Waffenschmieden zur Konversion freigegeben werden und Konflikte sich mit Gewaltfreiheit lösen lassen, werden diese Bilder geerdet.
 
Gebete
Psalm 145/146

1 Halleluja! Lobe den HERRN, meine Seele! 
2 Ich will den HERRN loben in meinem Leben, 
meinem Gott singen und spielen, solange ich da bin. 
3 Vertraut nicht auf Fürsten, 
nicht auf den Menschen, durch den es keine Rettung gibt! 
4 Schwindet sein Lebensgeist, kehrt er zurück zur Erde, 
an jenem Tag sind seine Pläne zunichte. 
5 Selig, wer den Gott Jakobs als Hilfe hat, 
wer seine Hoffnung auf den HERRN, seinen Gott, setzt. 
6 Er ist es, der Himmel und Erde erschafft, 
das Meer und alles, was in ihm ist. 
Er hält die Treue auf ewig. 
7 Recht schafft er den Unterdrückten, 
Brot gibt er den Hungernden, 
der HERR befreit die Gefangenen. 
8 Der HERR öffnet die Augen der Blinden, 
der HERR richtet auf die Gebeugten, 
der HERR liebt die Gerechten. 
9 Der HERR beschützt die Fremden, 
er hilft auf den Waisen und Witwen, 
doch den Weg der Frevler krümmt er. 
10 Der HERR ist König auf ewig, dein Gott, 
Zion, durch alle Geschlechter. Halleluja!

Psalm 66/67
2 Gott sei uns gnädig und segne uns. 
Er lasse sein Angesicht über uns leuchten, 
3 damit man auf Erden deinen Weg erkenne, 
deine Rettung unter allen Völkern. 
4 Die Völker sollen dir danken, Gott, 
danken sollen dir die Völker alle. 
5 Die Nationen sollen sich freuen und jubeln, 
denn du richtest die Völker nach Recht 
und leitest die Nationen auf Erden. 
6 Die Völker sollen dir danken, Gott, 
danken sollen dir die Völker alle. 
7 Die Erde gab ihren Ertrag. 
Gott, unser Gott, er segne uns! 
8 Es segne uns Gott! 
Fürchten sollen ihn alle Enden der Erde.
 

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