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Impuls zum 18. Juli 2021

Zum 18. Sonntag im Jahreskreis

Von Odilo Metzler (Stuttgart), Mitglied im Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart

Meditatives Gebet
von Dag Hammarskjöld, UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger

Ich sitze hier vor dir, Herr
aufrecht und entspannt, mit geradem Rückgrat.
Ich lasse mein Gewicht senkrecht 
durch meinen Körper hinuntersinken
auf den Boden, auf dem ich sitze. 
Ich halte meinen Geist fest in meinem Körper. 
Ich widerstehe seinem Drang, 
aus dem Fenster zu entweichen, 
an jedem anderen Ort zu sein als an diesem hier, 
in der Zeit nach vorn und hinten auszuweichen, 
um der Gegenwart zu entkommen. 
Sanft und fest halte ich meinen Geist dort, 
wo mein Körper ist: 
hier in diesem Raum.
In diesem gegenwärtigen Augenblick 
lasse ich alle meine Pläne, Sorgen und Ängste los. 
Ich lege sie jetzt in deine Hände, Herr. 
Ich lockere den Griff, mit dem ich sie halte, 
und lasse sie dir. 
Ich warte auf dich - erwartungsvoll. 
Du kommst auf mich zu, 
und ich lasse mich von dir tragen. 
Ich beginne die Reise nach Innen. 
Ich reise in mich hinein, 
zum innersten Kern meines Seins, wo du wohnst. 
An diesem tiefsten Punkt meines Wesens 
bist du immer schon vor mir da, 
schaffst, belebst, stärkst ohne Unterlass 
meine ganze Person.
Und nun öffne ich meine Augen,
um dich in der Welt 
der Dinge und Menschen zu schauen.
Ich nehme die Verantwortung für meine Zukunft 
wieder auf mich.
Ich nehme meine Pläne, meine Sorgen, 
meine Ängste wieder auf.
Ich ergreife aufs Neue den Pflug.
Aber nun weiß ich, 
dass deine Hand über der meinen liegt
und ihn mit der meinen ergreift.. 
Mit neuer Kraft trete ich die Reise nach außen 
wieder an,
nicht mehr allein, 
sondern mit dir, meinem Schöpfer, zusammen.

Gedanken zum Evangelium
Schrifttext: Markus 6, 30-34

„Man erkennt Umbruchzeiten an ihrem flächendeckenden Verlust an Orientierung“, schrieb kürzlich der Philosoph Richard David Precht. Wir sind ratlos oder irritiert über Wahlergebnisse, über Gewaltausbrüche an öffentlichen Plätzen, über Verrohungen im Internet und über Verschwörungsbehauptungen, die im Netz kursieren.

Diese Angst und Irritation in einer Umbruchszeit beschreibt auch das heutige Wort Jesu im Markusevangelium 

„Sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.“

Zunächst haben wir eher Schwierigkeiten mit dem Bild vom Hirten, der der Herde zeigt, wo es langgeht. Es scheint nicht zu unserem Ideal eines selbstbestimmten Lebens zu passen. Auch der Satz, dass er sie lange lehrte, kann nach Belehrung klingen. Und doch trifft das Bild das Lebensgefühl von Menschen auch heute, dass sie nicht wissen, woran sie sich orientieren können, dass sie verloren gehen, dass die, die Verantwortung für sie tragen und entscheiden, sich nicht um sie kümmern. Verlust an Orientierung überfordert. Das macht Angst und schafft Wut. Es kommt zu Schuldzuweisungen.

Wie geht Jesus damit um? „Er hatte Mitleid mit ihnen“, kein überhebliches Bedauern, sondern Erschütterung und Mitgefühl. Eigentlich kommen ihm die Menschen gar nicht gelegen. Er hat „die Apostel“ um sich versammelt. Sie waren zurückgekommen aus den Orten, an die er sie gesandt hatte. Er will mit ihnen wegfahren mit dem Boot an einen ruhigen Platz, damit sie sich ausruhen können. Sie haben erzählt, was sie getan und erlebt haben. Was sie erzählt haben, wird nicht berichtet.

Vor kurzem hatten wir ein Treffen mit 18 Menschen, die sich an verschiedenen Orten in ihrem Leben und ihrem Beruf für Frieden einsetzen, ein Treffen endlich wieder nicht am Bildschirm, nach längerer Zeit sich wiedersehen und voneinander hören. Einer berichtet, dass er an seinem Ort in einem kleinen Bündnis mitmacht, in dem sie sich für eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen einsetzen. Eine erzählt, dass sie an ihrem Ort Friedensstationen plant. Einer war beteiligt an der Vorbereitung des Ostermarschs für Abrüstung. Drei Frauen erzählen, wie sie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, die psychisch unter Corona-Erfahrungen leiden. Eine Logopädin erzählt dabei, wie sie sich mit dem Ansteckungsrisiko auseinandersetzte, ohne Maske zu arbeiten. Einer berichtet, wie er sich in kirchlichen Gremien für Frieden einsetzt, andere, wie sie mit Flüchtlingen arbeiten. Eine stellte fest, dass in den Wahlprogrammen der Parteien Friedensthemen kaum eine Rolle spielen, ihr Fazit: es ist wichtig, sich in Parteien zu engagierten. Eine ältere Dame berichtet von ihrem langjährigen Engagement für Flüchtlingskinder im Libanon. 

Es war gut, zu erzählen, zuzuhören, sich zu bestärken, gemeinsam nach Orientierung zu suchen, dafür Ruhe und Zeit zu haben.

„Kommt mit an einen einsamen Ort, ruht ein wenig aus.“ Das tut uns auch in diesem Jahr der Begrenzung in der eigenen Wohnung, von Kontaktvermeidung, Homeoffice und Homeschooling gut. Viele sind erschöpft, manche einsam. Zeit miteinander, Zeit für sich, zur Balance finden, zu den eigenen Quellen der Kraft und des Schöpferischen, auch zur Balance zwischen Mitgefühl und Dankbarkeit. 

Die Zeit der Ruhe ist eine heilige Zeit wie der siebte Tag der Schöpfung, an dem Gott ruhte und sah, dass es gut war. 

Ich stelle mir vor, dass Jesus nicht lange belehrte, sonst wären die Leute ihm nicht nachgelaufen und geblieben. Ich stelle mir vor, dass er Orientierung gab und zuhörte. Kommt mit mir und ruht ein wenig aus.

Gebet
Jesus, unser Bruder,
zu dir kommen wir, ruhen ein wenig aus.
Die Anforderungen des Alltags, Sorgen, Trauer und Not, 
die Probleme unserer Welt und unseres Lebens 
holen uns immer wieder ein, drohen uns zu überwältigen.
Wir möchten manchmal fliehen. Doch wohin? 
Fliehen ist keine Lösung.
Aber ausruhen möchten wir, 
neu das Leben schmecken, auskosten, spüren.
Du willst bei uns sein, an dem Ort, wo wir Zeit haben für einander, 
für uns selbst, für dich.
Danke.