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Den Krieg in Nahost sofort beenden!

01. Aug 2006

Der Nahostkrieg weitet sich aus; die Stellungnahme von Pax Christi International (PCI) vom 24. Juli gewinnt dadurch noch an Dringlichkeit. Die deutsche Sektion schließt sich dem Text an und stellt ihn hiermit auf Deutsch zur Verfügung. Audrücklich sei auf die Stellungnahmen vieler anderer Sektionen von PCI verwiesen, die am Schluss ebenso aufgeführ…

Die Eskalation der Gewalt in Nahost beenden

Stellungnahme von Pax Christi International


Pax Christi, die internationale katholische Friedensbewegung, mit 95 aktiven Mit­gliedsorganisationen weltweit, ist äußerst besorgt angesichts der gefährlichen Spirale der Gewalt in Nahost in den vergangenen Wochen. Die Zahl der Getöteten und Ver­wundeten sowie der Vertriebenen ist beunruhigend hoch und steigt zusehends. Pax Christi International bringt in Solidarität mit ihren Mitgliedsorganisationen und Partnern in der Region ihre tiefe Besorgnis zum Ausdruck.


1. Die derzeitige ohnehin schon angespannte Situation in der Nahost-Region gleicht einem Pulverfass, das durch unüberlegte Aktionen jeden Moment zur Explosion gebracht werden kann. All dies geschieht vor den Augen der Internationalen Gemeinschaft, die der Gewalt Ein­halt gebieten und die Eskalation unverzüglich beenden muss.

Die Eskalation der Gewalt beenden

2. Ein Konflikt, der sich seit Jahrzehnten hinzieht, in dem Gewalt zur Tagesordnung gehört und in dem viele Menschen permanent in einem kriegsähnlichen Zustand leben, hat sich lang­sam und beständig verschärft. Eine Serie von Ereignissen in Gaza führte unlängst zu palästi­nensischen Raketenangriffen und zur Entführung von zwei israelischen Soldaten. Israel ver­haftete mehrere Hamas-Parlamentarier, griff palästinensische Regierungsgebäude an und startete später einen massiven Angriff auf den Gaza-Streifen. Seit dem Beginn der isra­elischen Operation „Summer Rain“ am 28. Juni 2006 ist die Zivilbevölkerung vom Zugang zu Strom, Wasser und humanitärer Hilfe abgeschnitten, was vornehmlich auf die Zerstörung von Brücken und des einzigen Kraftwerks im Gaza-Streifen zurückzuführen ist.

3. Eine zweite Front wurde eröffnet, als die Hisbollah daraufhin zwei israelische Soldaten ent­führte. Israel griff den Libanon am Boden, aus der Luft und vom Meer aus an. Die Angriffe der Hisbollah auf Israel trafen die Städte Haifa, Tiberias und zum ersten Mal auch Nazareth. Es handelt sich um die schwerste Krise zwischen Israel und dem Libanon seit dem Rückzug Israels aus dem Libanon im Jahr 2000.

4. Pax Christi International verurteilt auf das Schärfste alle Angriffe, die Zivilisten und Städte treffen, ebenso die ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Gewaltanwendung Israels im Libanon und in Gaza.

5. Die gegenwärtige Eskalation der Gewalt durch die israelische Regierung setzt die kürzlich erreichten Fortschritte zu einem freien Libanon durch auswärtige Mächte wieder aufs Spiel. Sie bedroht auch die noch schwache Demokratie einer Nation, die sich gerade von Jahren sektiererischer Spaltungen erholt. Wenn Syrien und Iran fortfahren, die Hisbollah zu unter­stützen und sich weiter in den Konflikt verstricken, ist eine regionale Eskalation nicht auszuschließen.

Internationales Humanitäres Völkerrecht respektieren

6. Pax Christi International erinnert an das Internationale Humanitäre Völkerrecht, welches be­sagt, dass Kontrahenten verpflichtet sind, Umsicht walten zu lassen, in allen militärischen Operationen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten und zivile Opfer so gering wie möglich zu halten. Darum sollten Israel, die Hisbollah und die bewaffneten palästinensischen Gruppen aufhören, Zivilisten und zivile Infrastruktur (d. h. Straßen, Brücken, Flughäfen, Bahn­höfe, Krankenhäuser, Schulen etc.) anzugreifen.

7. Eine kollektive Bestrafung der Zivilbevölkerung ist inakzeptabel. Die Friedensbewegung ruft die Vereinten Nationen dazu auf, Israel für die absichtliche Zerstörung notwendiger ziviler In­frastruktur im Libanon und in Gaza zur Rechenschaft zu ziehen. Dies ist eine klare Verletzung des Internationalen Humanitären Völkerrechts. Es gibt keine militärische Lösung für diese Krise oder für irgendeinen gewaltsamen Konflikt, der den Nahen Osten seit Jahrzehnten betroffen hat.

8. Die humanitäre Situation im Libanon und in Gaza ist extrem angespannt. Israel steht in der Pflicht, für Nahrungsmittel, Wasser und andere lebensnotwendige Dinge wie medizinische Hilfsmittel, Kraftstoff, Elektrizität etc. zu sorgen.

Das diplomatische Vakuum beenden

9. Im Hinblick auf den Nahen Osten hat sich in den vergangenen Monaten ein diplomatisches Vakuum entwickelt. Die internationale Gemeinschaft hat sich selbst des politischen Einflusses beraubt, indem sie sich weigerte, mit allen Verantwortlichen in Schlüsselpositionen zu reden, besonders mit den demokratisch gewählten. Dies leistete der Radikalisierung und Eskalation weiteren Vorschub. Dafür ist die Situation zu gefährlich und zu viele Opfer zahlen den Preis.

Die Besatzung und die militärische Unterstützung beenden

10. Die wachsende Akzeptanz in Medien und politischen Kreisen, den arabisch-israelischen Konflikt als Teil des „Kriegs gegen den Terror“ der US-Administration zu betrachten, verleug­net die politischen Ursachen und die Komplexität des Konflikts. Israel sollte die Besatzung der palästinensischen Territorien zugunsten eines lebensfähigen und souveränen Palästinenser­staates aufgeben. Dies ist der einzige Weg, den Völkern in der Region Wohlergehen und Sicherheit zu garantieren.

11. Pax Christi International unterstützt Pax Christi USA in ihrem Aufruf an die Bush-Admini­stration, umgehend die militärische Unterstützung Israels einzustellen, die dazu dient, Zivilis­ten im Libanon und in Gaza anzugreifen. Waffenlieferungen an alle Beteiligten im Konflikt sollten unverzüglich eingestellt werden.

12. Das Mandat der UN-Blauhelm-Truppen („United Nations Interim Force in Lebanon“/ UNIFIL) sollte ausgeweitet und gestärkt werden, um internationalen Frieden und Sicherheit wiederherzustellen. UNIFIL sollte die Regierung Libanons dabei unterstützen, ihre wirksame Autorität in diesem Gebiet zu sichern.

Schlussfolgerung

13. Pax Christi International fordert einen sofortigen Waffenstillstand und die Aufnahme diplo­matischer und konstruktiver Verhandlungen aller am Konflikt beteiligten Parteien. Die Bewe­gung besteht auf der bedingungslosen Freilassung der gefangenen israelischen Soldaten und auf Verhandlungen über die palästinensischen und libanesischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen.

14. Die Friedensbewegung mahnt die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die po­litischen Führer in der Region, alles Mögliche zu tun, um den Konflikt und die Ausweitung der Gewalt sofort zu beenden und alle Parteien in einen neuen Friedensprozess einzubinden, der die Ursachen des Konflikts angeht.

15. Die Internationale Konferenz, die diese Woche in Rom stattfindet, sollte, Hand in Hand mit sofortiger humanitärer Hilfe, eine aktive Vermittlerrolle der internationalen Gemeinschaft ein­nehmen, um einen gerechten und dauerhaften Frieden in Nahost zu erreichen. Die Einbin­dung aller Beteiligten in den Prozess wird es den Völkern der Region erlauben, in Würde zu leben.

16. Pax Christi International und die religiösen Führer können wie bereits in der Vergangenheit ihren Beitrag leisten, Vermittlungs- und Versöhnungsinitiativen innerhalb und zwischen Zivilgesellschaft und religiösen Gruppen zu unterstützen.

17. Die internationale katholische Friedensbewegung ruft ihre Mitglieder, alle Kirchen und reli­giösen Führer weltweit dazu auf, für alle Opfer zu beten, gegen Ungerechtigkeiten einzutreten und in Solidarität mit den Partner/-innen in der Region für einen gerechten Frieden zu arbeiten.


Brüssel, den 24. Juli 2006

(Übersetzung aus dem Englischen: Gabriele Zinn /Dr. Reinhard J. Voß)



Weitere Quellen, Erklärungen, Hintergrundinformationen und Aktionsvorschläge von Mitgliedsorganisationen und Partnern sind über Pax Christi International (www.paxchristi.net) verfügbar:

Pax Christi USA: Statement on the recent attacks in the Middle East, 21. Juli 2006, in Englisch (ME.66.E.06)
Pax Christi Italien: Appeal for Lebanon, 21. Juli 2006, in Italienisch (ME.65.I.06)
World Council of Churches: Pastoral Letter on the Violence in the Middle east, 21. Juli 2006, in Englisch, via http://www.oikoumene.org/index.php?2349
Pax Christi Flandern: Questions and Answers of the Crisis in the Middle East, 20. Juli 2006, in Holländisch (ME.63.D.06)
Cluster Munitions Coalition, CMC: Israel Should Not Use Cluster Munitions in
Lebanon, 20. Juli 2006, in Englisch (DIS.42.E.06) und/oder: www.cmc.org

Pax Christi England: End Violence and Punishment in Israel, Palestine and Lebanon, 17. Juli 2006, in Englisch (ME.61.E.06)
Caritas Internationalis: 14. Juli 2006, in Englisch: www.caritas.org
Pax Christi Deutschland: Keine Doppelstandards in der EU-Nahostpolitik und Stopp deutscher Rüstungsexporte, 10. Juli 2006, in Englisch und Deutsch (ME.60.GE.06)
Pax Christi Österreich: Erklärung „Die Gewalt beenden”, 10. Juli 2006, in Deutsch (ME.57.G.06)


Einige Aktionsvorschläge

1) Kontaktieren Sie UN-Generalsekretär Kofi Annan und fordern Sie die Vereinten Nationen auf, Führungskraft zu zeigen und einen sofortigen Waffenstillstand zu vermitteln:

sg@un.org and/or fax: (212) 963-1921.

2) Klicken Sie einen der folgenden Links an um sich an elektronischen Unterschriften-Kampagnen zu beteiligen, die einen sofortigen Waffenstillstand fordern:

· Churches for Middle East Peace: http://www.cmep.org/Alerts/2006July20_2.htm

· Code Pink: http://www.codepinkalert.org/article.php?id=1101

· End the Occupation: http://www.endtheoccupation.org/article.php?id=1215


3) Senden Sie diese Stellungnahme an Ihre Kirchen- und politischen Zeitungen oder benutzen Sie sie, um Leserbriefe zu schreiben.


4) Organisieren Sie Gebete und Mahnwachen für den Frieden im Nahen Osten an Ihrem Ort und in Ihrer Gemeinschaft oder beteiligen Sie sich an öffentlichen Kundgebungen. Nutzen Sie diese Erklärung dabei als Flugblatt.