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Wo bleibt der Vorrang für zivil?

03. Mrz 2022

Christine Hoffmann kommentiert

pax christi lehnt die von Bundeskanzler Scholz angekündigten massiven Umlenkungen von Steuergeldern ins Militär als Schritt in die falsche Richtung ab. Stattdessen sollten die Ressourcen der zivilen Konfliktbearbeitung weiter ausgebaut werden. Hierbei geht es um die wichtige Expertise des zivilen Friedensdienstes in der Konfliktprävention und -nachsorge und um noch mehr. Es geht um den Vorrang für zivil, um faire Weltwirtschaftsstrukturen und die Globalisierung von sozialer, kultureller und medizinischer Infrastruktur. Es geht um die Anerkennung und den klugen Ausgleich zwischen den Interessen von Industrieländern und rohstoffexportierenden Staaten. Es geht um die Förderung der Resilienz pluralistischer, liberal-demokratischer Gesellschaften gegenüber den Zumutungen autokratischer und rassistischer Gesellschaftsvorstellungen. Weiterhin und immer wieder geht es beim Vorrang für zivil auch um die Verwirklichung der Menschenrechte und die Bewahrung der Schöpfung.

Das 2%-Ziel der NATO bleibt eine rein quantitative Maßgabe, die bar jeglicher inhaltlichen Fundierung keine Sicherheit schafft, sondern den wahren Herausforderungen wie soziale Gerechtigkeit, Bildung und Klimaschutz notwendige Finanzen und Aufmerksamkeit entzieht. Dieser NATO-Beschluss war und ist ein Förderprogramm für die Rüstungsindustrie. Frieden schaffen geht anders – auch jetzt angesichts des menschenverachtenden Angriffskriegs von Putins russischen Truppen auf die Ukraine. Die ethisch und sachlich begründeten Zweifel an der politischen Sinnhaftigkeit der Anschaffung bewaffneter Drohnen, der nuklearen Teilhabe und der Anschaffung neuer, für Atomwaffen geeigneter Kampfflugzeuge räumt auch Putins Krieg gegen die Ukraine nicht aus. Hier werden Stimmungen ausgenutzt. Die behauptete Alternativlosigkeit behindert die so nötige breite gesellschaftliche Diskussion zur Außen- und Friedenspolitik.    

Ein Sondervermögen für die Bundeswehr könnte vielleicht sogar Sinn ergeben, wenn es mit neuen, bisher mangelhaft entwickelten Fähigkeiten bspw. im Bereich des Cyberschutzes begründet würde. Ob dafür allerdings ein Betrag von 100 Mrd. vonnöten ist, bedürfte der Konkretisierung. Die viel beschworene mangelhafte Ausrüstung der Bundeswehr allerdings taugt als Begründung nicht – zumal dieser Umstand einer Bankrotterklärung deutscher Verteidigungspolitik nahekommt.


Christine Hoffmann ist die Generalsekretärin des pax christi - Deutsche Sektion e.V.