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Ruanda_Erinnern.jpgDave Proffer

Gedächtnis und Mahnung

05. Apr 2019

Der Völkermord in Ruanda vor 25 Jahren war eines der ganz großen Gewaltverbrechen des 20. Jahrhunderts

Kommentar der pax christi-Kommission Solidarität mit Zentralafrika 

Am 6. April 2019 jährt sich der Beginn des Genozids in Ruanda zum 25. Mal. Allein in der zentralen Gedenkstätte im Ortsteil Gasabo in Kigali sollen sich die sterblichen Überreste von bereits mehr als einer Viertelmillion Menschen befinden. „Der Völkermord an den Tutsi und an gemäßigten Hutu im Jahr 1994 in Ruanda ist eines der ganz großen Gewaltverbrechen des 20. Jahrhunderts. Bis zu einer Million Menschen kamen im Laufe von 100 Tagen auf teilweise unglaublich grausame Weise ums Leben“, so Jean Djamba, Sprecher der Kommission „Solidarität mit Zentralafrika“. 

Alarmzeichen in Ruanda vor dem Ausbruch der völkermörderischen Gewalt wurden im Ausland systematisch verdrängt und selbst dann noch verleugnet, als Filmaufnahmen der Straßensperren und der Machete-schwingenden Mörder um die Welt gingen. Der Genozid war kein Stammeskrieg. Der sich seit etwa 1990 laufend weiter radikalisierende Hutu-Rassismus hat etwas mit der Rassenvorstellung der Kolonialzeit und deren Privilegierung der Tutsis zu tun. Trotz der Radikalisierung unterhielt insbesondere Frankreich enge Beziehungen zum Regime und wird dafür vom gegenwärtigen Regime Paul Kagame in Ruanda hart angegriffen. 

Zu den beinahe unbegreiflichen Rätseln Ruandas gehört, wie überlebende Opfer und Täter heute oft Haus an Haus leben. Die Berichterstattung über nahezu unglaubliche Versöhnungserfahrungen findet immer wieder neuen Stoff. „Versöhnung“ ist ein viel bemühter Begriff in Ruanda. Das Land war das katholischste Land Afrikas – 1994 waren mehr als zwei Drittel der Bevölkerung katholisch, der Rest protestantisch oder muslimisch. Als die Gewalt ausbrach, spielten die Kirchen eine zwiespältige Rolle. Sie standen den Machthabern nahe, manche Priester und sogar Nonnen wurden sogar zu Tätern. Nur wenige wagten Widerstand, wie etwa der mit pax christi verbundene Laurien Ntezimana, Gründer von Association Modeste et Innocent (AMI) in Butare. Die muslimischen Gemeinschaften und die Pfingstkirchen sind seit 1994 stark gewachsen, nicht zuletzt aufgrund des geschädigten Ansehens der katholischen Kirche. 

Damals wie heute ist die staatliche Kontrolle der Bürger in Ruanda sehr ausgeprägt. Der Staat behält sich beispielsweise das Recht vor, zu bestimmen, was im Rahmen der Erinnerungskultur erlaubt ist und was nicht. Über die Medien, das Ausbildungswesen, obligatorische Camps und staatliche Organe wird der Bevölkerung suggeriert, was sie zu denken hat. Das neue Ruanda verkauft sich als eine gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Erfolgsstory und möchte dabei nicht gestört werden. 

Vor und nach dem Völkermord sieht Deutschland in der ehemaligen deutschen Kolonie (bis zum Ersten Weltkrieg) ein Vorzeigeland für Entwicklungshilfe und überhaupt für ein fortschrittliches, ökonomisch erfolgreiches Afrika. Die langjährige Partnerschaft Rheinland-Pfalz-Ruanda gilt als vorbildlich. Demokratiedefizite und Menschenrechtsverletzungen, ja sogar die militärisch-politische Einmischung im Nachbarland DR Kongo wurden und werden gleichzeitig billigend in Kauf genommen. Anders als beispielsweise in Venezuela will der Außenminister keine kritischen Äußerungen durch den deutschen Botschafter in Kigali zulassen – im Gegenteil. Erst kürzlich ist der deutsche Amtsinhaber in Kigali zurückberufen worden, weil er sich beim Regime unbeliebt gemacht hatte. Das Außenministerium in Berlin kuscht.

 

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