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Afrikanische Lösungen für Afrika

06. Okt 2020

Zu den Folgen der COVID 19 Pandemie für die DR Kongo und das südliche Afrika - Diskussion am 17.09.2020 mit Dirk Shaka (LaLucha, Kinshasa) und Dr. Boniface Mabanza Bambu (KASA, Heidelberg)

„Wenn die Pandemie eines deutlich gemacht hat, ist es die Notwendigkeit der Befreiung des Afrikanischen Kontinents von seiner viel zu großen Außenorientierung“, äußerte sich Boniface Mabanza Bambu gegen Ende der äußerst spannenden gut zweistündigen Diskussion, zu der die pax christi.Kommission "Solidarität mit Zentralafrika" gemeinsam mit der Landeszentrale für Politische Bildung Rheinland-Pfalz eingeladen hatte. Aufgrund von Corona fand die Veranstaltung mit über 40 Teilnehmenden online statt. 

Doch der Reihe nach: Dirk Shaka, Arzt in Kinshasa und Mitglied der Bürger*innen- und Jugendbewegung La Lucha in der DR Kongo, gab einen Überblick über die medizinische Situation in der DR Kongo und darüber, wie sich die Pandemie auf das wirtschaftliche und soziale Leben im Land auswirkt. Deutlich wurde, dass die Zahl der Erkrankten und Todesfälle in Zusammenhang mit Corona im Vergleich zur Gesamtbevölkerung relativ gering ist und dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung sehr ungleich ist, je nachdem ob man die städtischen oder die ländlichen Gebiete in den Blick nimmt. Auch gibt es Provinzen, wie bspw. Nord-Kivu, in denen die medizinische Versorgung aufgrund von vorherigen Erfahrungen mit der Bekämpfung von Ebola besser ist. Von daher ist es die größte Herausforderung im Land, Strukturen zu schaffen, die allen Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen.

Die wirtschaftlichen Folgen sind in allen Provinzen sehr negativ. Am meisten betroffen sind die kleinen Geschäfte, die oftmals Verdienstausfälle von 100 Prozent haben. Auch sprach Dirk Shaka in seinem Vortrag bereits das Problem an, dass durch COVID 19 weniger Bodenschätze exportiert werden, die Nachfrage somit gesunken und die Rohstoffpreise gefallen sind, was sich negativ auf die Kaufkraft der Bevölkerung auswirkt.
Boniface Mabanza Bambu ging in seinem Vortrag intensiver auf die Verflechtungen mit der Weltwirtschaft ein. Einleitend stellte er klar, dass unsere Wahrnehmung des Kontinents in der Regel zu homogen ist. In jedem afrikanischen Land muss die Lage differenziert betrachtet werden.  Anhand der Beispiele Tansania und Angola, die in der Pandemie gegensätzliche Wege gegangen sind, wird seine Aussage konkret. In Tansania sind alle wirtschaftlichen Aktivitäten weitergegangen mit der Begründung, dass die Menschen an Hunger gestorben wären, wenn die Grenzen geschlossen würden. Das Land ist stabil geblieben; d.h. es gibt nicht mehr Erkrankungen als in den übrigen Ländern. Angola hingegen hat einen der strengsten Lockdowns durchgesetzt, die Grenzen innerhalb und außerhalb des Landes geschlossen, was zur Folge hat, dass Menschen aus unterschiedlichen Provinzen des Landes ihre Familien seit April nicht mehr gesehen haben. Sowohl in Angola als auch in Südafrika, wo im Vergleich zu anderen Ländern ein höherer Wohlstand existiert, litten die Menschen erheblich mehr unter den Folgen des Lockdown als unter der Pandemie. In Südafrika ist die Arbeitslosigkeit von 25 Prozent auf über 40 Prozent gestiegen. Menschen, die auf ein warmes Essen in Gemeinschaftsunterkünften angewiesen sind, stehen vor verschlossenen Türen. Das Haushaltsdefizit ist größer geworden; viele Bereiche wie der Tourismus und der Dienstleistungssektor sind zusammengebrochen. In nahezu allen Ländern des südlichen Afrika ist weniger Geld in den Kassen der Regierungen und so noch weniger Geld für Gesundheit, Bildung und den Arbeitsmarkt vorhanden – eine noch höhere Auslandsverschuldung ist die Folge. Politische Konsequenzen sind etwa in Simbabwe zudem die Zunahme von Repressionen gegen Menschenrechtsverteidiger*innen und Oppositionelle. Die Regierungen instrumentalisieren die Pandemie für ihre politische Agenda – d.h. für ihren Machterhalt. Die Ursache zahlreicher Probleme liegt nicht in der Pandemie, sondern COVID 19  verschärft die  Probleme.

Was  ist zu tun? Zum einen ist die Forderung nach einem umfassenden Schuldenerlass für die Länder im südlichen Afrika aktueller denn je, damit Finanzmittel für die Stärkung der Gesundheits- und Bildungssysteme und Investitionen in die Arbeitsmärkte frei gestellt werden können. Und es ist wichtig,  die afrikanischen Länder darin zu unterstützen, ihren eigenen Weg zu gehen; unsere Problemlösungen sind nicht auf den afrikanischen Kontinent zu übertragen. Zudem müssen wir Druck erzeugen, dass die Rohstoffe, die wir in den nördlichen Industrieländern für unsere wachsenden Technologien benötigen, endlich fair bezahlt werden. Eine schwache Konjunktur kann nicht als Rechtfertigung für immer niedrigere Rohstoffpreise herhalten. Nicht nur die realen sozialen Kosten, sondern auch die Umweltkosten sollten dabei berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss Schluss sein mit einer Arbeitsteilung, die die Länder Afrikas zu Rohstofflieferanten reduziert.

Am Ende der sich anschließenden lebhaften und konstruktiven Diskussion dankte Jean Djamba, Sprecher der pax christi-Kommission Solidarität mit Zentralafrika, den Referenten und den Teilnehmenden und äußerte den Wunsch, ein gemeinsames Netzwerk aufzubauen. Bleiben wir dran!