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Kolumbien: Friedensprozess droht zu scheitern

20. Nov 2020

Präsident Duque behindert die Umsetzung des Friedensabkommens - Mordwelle gegen Menschenrechtsverteidiger*innen verbreitet Klima der Angst

Die Regierung von Präsident Duque ist im Begriff den Friedensprozess vollständig abzuwürgen. Die Bundesregierung und die internationale Gemeinschaft müssen die kolumbianische Regierung auffordern, den Friedensvertrag umzusetzen und internationale Entwicklungsgelder an dessen Erfüllung zu knüpfen, fordern deutsche Hilfswerke und Menschenrechtsorganisationen. Am 24. November jährt sich zum vierten Mal die Unterzeichnung des Friedensvertrags mit der Guerilla-Gruppe FARC.

„Unsere Partner vor Ort sind massiv bedroht“, erklärt Oliver Müller, Leiter von Caritas, international, dem Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes. „Neben Morden an lokalen Führungspersönlichkeiten hat auch die Zahl von gezielten Hinrichtungen gegen Friedensaktivist*innen und Menschenrechtler*innen stark zugenommen.“ Mit 124 Morden war 2019 das tödlichste Jahr seit zehn Jahren. 2020 hat die Gewalt noch weiter zugenommen: Bis Juni wurden bereits 95 Menschenrechtsverteidiger*innen ermordet. Zudem starben 25 demobilisierte Kämpfer*innen der FARC bei Mordanschlägen. Seit ihrer Entwaffnung und Beteiligung am Friedensprozess im Jahr 2017 wurden damit über 220 ehemalige Rebell*innen ermordet. „Die Kommission für Sicherheitsgarantien, die federführend für die Regierung Maßnahmen entwickeln soll, um die Zivilgesellschaft wirksam vor Gewalt zu schützen, wird von der Regierung ignoriert und ausgebootet“, so Oliver Müller.

Aus Misstrauen, Angst und Unzufriedenheit mit der Umsetzung des Friedensvertrags haben inzwischen auch tausende ehemalige FARC-Kämpfer*innen wieder zu den Waffen gegriffen.

„Die Regierung Duque behauptet gegenüber der internationalen Gemeinschaft, dass sie das Abkommen umsetze, de facto torpediert sie es jedoch politisch und auch finanziell“, so Matthias Schreiber, Koordinator von kolko – Menschenrechte für Kolumbien e.V. „Die vorgesehene Landreform hätte enormes Potential, die Konfliktursachen zu bekämpfen. Doch gerade hier gibt es wenig Fortschritte. Stattdessen hat die Regierung Duque ,Zukunftszonen‘ benannt, in denen Entwicklungspläne militärischen Vorgaben der Regierung untergeordnet werden.“

„Wir stellen zunehmend autoritäre Tendenzen in Kolumbien fest, auch die Unabhängigkeit der Justiz ist bedroht“, erklärt Margaret Buslay von pax christi Deutschland. „Als der Oberste Gerichtshof Hausarrest gegen Duques politischen Ziehvater, den Expräsidenten Álvaro Uribe, verhängte, kritisierte der Präsident die Entscheidung als ,schmerzhaft‘ und kündigte an, das Justizsystem grundlegend reformieren zu wollen. Außerdem begegnet die Regierung sozialen Protesten mit massiver Repression. Bei Demonstrationen gegen Polizeigewalt wurden im September 13 Personen von der Polizei erschossen und mindestens 72 weitere durch Polizeikugeln verletzt“, so Buslay.

„Deutschland und die EU unterstützen den Friedensprozess großzügig, auch finanziell. Diese Unterstützung darf nicht einfach weiterfließen, wenn unsere Partner aus der Zivilgesellschaft, die sich für Frieden und Menschenrechte einsetzen, nicht angemessen geschützt werden. Die im Friedensvertrag dafür vorgesehenen Mechanismen müssen endlich konsequent umgesetzt werden“, fordert Monika Lauer-Perez, Kolumbienreferentin von Adveniat.

„Wir haben von Anfang an begrüßt, dass die internationale Gemeinschaft den Friedensprozess in Kolumbien unterstützt. Doch umsetzen muss den Vertrag die kolumbianische Regierung. Die internationale Gemeinschaft muss jetzt darlegen, wie sie damit umgeht, wenn die Regierung das Abkommen gar nicht ernsthaft umsetzt“, unterstreicht Simon Winkens, Vorstandsmitglied des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Aachen.

Die Presseerklärung tragen: Action pro Colombia; Adveniat; Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes; Diözesanrat Aachen; kolko – Menschenrechte für Kolumbien; Kolumbiengruppe Nürtingen; pax christi Deutschland.