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Ausufernde Polizeigewalt in Kolumbien

28. Sep 2020

Die pax christi-Kommission „Solidarität Eine Welt“ verurteilt den Gewaltmissbrauch und den unangemessenen Einsatz von Schusswaffen, mit der die kolumbianische Polizei auch gegen friedlichen sozialen Protest vorgeht und fordert die deutsche Bundesregierung zum Handeln auf

Die in der „Koordination Kolumbien-Europa-USA“ zusammengeschlossenen kolumbianischen Menschenrechtsorganisationen beklagen die unverhältnismäßige Gewalt und den unangemessenen Schusswaffengebrauch der Polizei in Bogotá. Die pax christi-Kommission „Solidarität Eine Welt“ arbeitet seit Jahren mit diesen Partnern zusammen und unterstützt sie u.a. durch Veröffentlichung ihrer Stellungnahmen auch hier in Deutschland.

Der wehrlose Javier Ordóñez wurde am 9. September in Bogotá durch Polizisten so schwer misshandelt, dass er bei der Ankunft im Krankenhaus starb. Die Gewalt bei seiner Festnahme haben Anwesende per Handy aufgezeichnet und verbreitet. Bei den darauffolgenden Protesten gab es weitere Übergriffe der Polizei mit tragischen Folgen: 13 Tote, 400 Verletzte – davon 72 durch Schusswaffenverletzungen und 3 in Polizeistationen sexuell bedrängte Frauen.

„Auch wir sind sehr besorgt über die Bedrohung durch die paramilitärischen Aguilas Negras (Schwarze Adler), weil diese die Menschenrechtsorganisationen, die Opfervertretungen und sozialen Netzwerke zu direkten militärischen Zielen erklärt haben. Allein in diesem Jahr gab es mehr als 200 Morde an sozialen Aktivist*innen und 60 Massaker. Internationale Aufmerksamkeit ist wichtig, um von der kolumbianischen Regierung und den verantwortlichen staatlichen Stellen angemessenes Handeln einzufordern zum Schutz von Leben und Arbeit der Bürger*innen, die Frieden und Menschenrechte verteidigen“, betont Margaret Buslay, die Sprecherin der pax christi-Kommission.

Deshalb fordert pax christi gemeinsam mit anderen internationalen Organisationen die deutsche Bundesregierung dazu auf:
  • Klar und deutlich ihre Ablehnung der Repression und unverhältnismäßigen Polizeigewalt im Kontext sozialer friedlicher Demonstrationen in Bogotá und der Verschlechterung der Situation durch die generelle Gewalt in den letzten Monaten auszudrücken.
  • Als den Friedensprozess begleitendes und mitfinanzierendes Land gegenüber der kolumbianischen Regierung auf der Umsetzung des 2016 unterzeichneten Friedensabkommens mit der Farc-EP zu bestehen und deutlich zu machen, dass dazu gehört, die Sicherheit für friedlichen Protest zu garantieren, die Beachtung der Richtlinien für den Gewalteinsatz der Sicherheitskräfte durchzusetzen und falls erforderlich neue Instrumente zu schaffen.
  • Die Untersuchungen der aktuellen und früheren Fälle des Missbrauchs von Polizeigewalt gegen Proteste zu überwachen, um Straflosigkeit bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. 
  • Die Begleitung der Untersuchungen der Polizeigewalt durch eine, von den kolumbianischen Menschenrechtsnetzwerken angekündigte, nationale und internationale zivilgesellschaftliche Kommission zu ermöglichen.
  • Die kolumbianische Regierung aufzufordern, die vorhandenen Schutzinstrumente zu aktivieren und sofort die UN-Sonderberichterstatter für Vereinigungsfreiheit und friedlichen Protest, außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und die Gruppe der willkürlichen Festnahmen einzuladen.

Schon im Februar setzte sich die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, für eine Reformierung der Polizei ein. Auch der Oberste Gerichtshof Kolumbiens stellte in seinem aktuellen Urteil über die Polizeigewalt bei den großen Protesten Ende 2019 fest, dass die Regierung das Recht auf Protest systematisch verletzt hat und die Einsatzkräfte eine Bedrohung für die Bevölkerung sind.

Laut unserem Partnernetzwerk entfernt sich die Regierung Duque immer weiter von der Demokratie und kündigte in der besagten Nacht der Proteste faktisch die Rechtsstaatlichkeit auf, indem die Polizei ohne jegliche legale Kontrolle durch zivile Autoritäten handelte. 

Die Bürgermeisterin von Bogotá, Claudia López versicherte, dass sie der Polizei zu Beginn des Jahres den Gebrauch von Schusswaffen bei sozialen Protesten untersagt habe. Unsere Partner begrüßen, dass sie die Opfer der Polizeigewalt bei ihren Strafanzeigen unterstützen will und dazu aufruft, eine tiefgreifende und strukturelle Reform der Polizei voranzubringen. Sie forderte in einem Interview anstelle der von Präsident Duque angekündigten weiteren Militarisierung der Stadt eine zivile Polizei, die die Menschenrechte achtet. 

Die kolumbianischen Gruppen, mit denen pax christi in Kontakt steht, kritisieren die Haltung von Präsident Duque und Verteidigungsminister Holmes, denen die Polizei unterstellt ist. Diese übernahmen weder die politische Verantwortung, noch entschuldigten sie sich bei den Opfern. Sie rechtfertigten das Vorgehen der Polizei, griffen die Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken an und stigmatisierten auf unverantwortliche Weise die politische Opposition.
 
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