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Menschenrecht statt Moria

18. Jun 2021

Für eine menschenrechtskonforme Asyl- und Migrationspolitik

 Anlässlich des Internationalen Tages des Flüchtlings am 20. Juni kritisiert pax christi die verschärfte Politik der Migrationsabwehr der EU an ihren Außengrenzen, weil diese zunehmend von der Missachtung des Völkerrechts und Verstößen gegen die Genfer Flüchtlingskonvention gekennzeichnet ist.  „Faktisch macht die EU eine Politik der Migrationsabwehr, die von massiver militärischer Aufrüstung an Land, im Wasser und durch international vernetzte Überwachungstechnik geprägt ist. Die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX ist nicht nur an illegalen Pushbacks beteiligt, sondern unterstützt auch die Rückführung von Geflüchteten in die Folterlager Libyens. Aufgrund fehlender staatlicher Seenotrettungsprogramme und der Behinderung und Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung ertrinken jedes Jahr über tausend Menschen im Mittelmeer. pax christi fordert stattdessen eine menschenrechtskonforme Asyl- und Migrationspolitik Deutschlands und der EU. Menschenrechte müssen durchgesetzt und Abschottung und Aufrüstung an den EU-Außengrenzen endlich beendet werden“, betont die pax christi-Bundesvorsitzende Stefanie Wahl.

Die pax christi-Delegiertenversammlung hat ihre Forderungen an eine menschenrechtskonforme Asyl- und Migrationspolitik Deutschlands und der EU im Positionspapier „Menschenrecht statt Moria - Für eine menschenrechtskonforme Asyl- und Migrationspolitik Deutschlands und der EU statt Migrationsabwehr“ dargelegt. Den vollständigen Wortlaut finden Sie unten.

Bis zur Bundestagswahl führt pax christi gemeinsam mit weiteren Gruppen und Organisationen die Kampagne „Menschenrecht statt Moria“ durch. Diese sammelt zurzeit bei den Bundestagsabgeordneten Unterstützung für den Appell an die Bundesregierung „Wir in Deutschland können mehr: Geflüchtete aufnehmen – Pushbacks verhindern – Europa gewinnen“.

 

Dieser Appell hat mit pax christi-Präsident Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz, Michael Gerber, Bischof von Fulda, Otto Georgens, Weihbischof in Speyer, Rolf-Peter Cremer, Domprobst des Aachener Dom, Alexander König, Dekan des Katholischen Dekanats Ludwigsburg, Tobias Schäfer, Propst am Dom zu Worms, Jutta Herbert, Dekanin, Evangelisches Dekanat Worms – Wonnegau und Alexander Ebert, Präses, Evangelisches Dekanat Worms – Wonnegau prominente Kirchenleiter als Erstunterzeichner*innen. Nachzulesen ist der Appell schon jetzt auf der Kampagnen-Webseite www.menschenrecht-statt-moria.de  Noch im Sommer soll er im Rahmen einer Online-Veranstaltung übergeben werden.

Ähnliche Anforderungen formuliert auch die Fachkommission Fluchtursachen der Bundesregierung in ihrem jüngst vorgelegten Bericht, in dem sie fordert, die deutsche und europäische Flucht- und Migrationspolitik menschlich und kohärent zu gestalten. Die Glaubwürdigkeit Deutschlands steht hier auf dem Spiel. Denn nur wer die eigene Migrations-, Asyl- und Flüchtlingspolitik so gestaltet, dass Geflüchtete menschenwürdig behandelt werden, kann auch glaubwürdig die Einhaltung internationaler Standards von anderen Ländern einfordern. Gemeinsam mit anderen EU-Ländern soll die Bundesregierung sich für die Einhaltung des Rechts an den EU-Außengrenzen einsetzen, um Verletzungen menschenrechtlicher Verpflichtungen entgegenzuwirken.


Vollständiger Wortlaut des Beschlusses der pax christi-Delegiertenversammlung vom 27. März 2021:

Menschenrecht statt Moria

Für eine menschenrechtskonforme Asyl- und Migrationspolitik Deutschlands und der EU
statt Migrationsabwehr

 

pax christi kritisiert die verschärfte Politik der Migrationsabwehr der EU an den Außengrenzen, die zunehmend gekennzeichnet ist von der Missachtung des Völkerrechts und Verstößen gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Militärisch ist sie geprägt von massiver Aufrüstung an Land, im Wasser und durch eine international vernetzte Überwachungstechnik. Eine Politik mit tödlichen Folgen:  

Aufgrund fehlender staatlicher Seenotrettungsprogramme und der Behinderung und Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung ertrinken jedes Jahr über tausend Menschen im Mittelmeer. Bei Auseinandersetzungen an der türkisch-griechischen Grenzen starben im März 2020 mindestens zwei Menschen durch Schüsse griechischer Grenzschutzbeamt*innen. In den Lagern an den EU-Außengrenzen leben Menschen unter unwürdigsten Bedingungen, z.B. derzeit 18.000 Menschen auf den griechischen Inseln in den sogenannten Hotspots. Menschen, die ihr Recht auf Asyl in Anspruch nehmen wollen, werden an den EU-Außengrenzen durch Frontexbeamt*innen und nationalstaatliche Grenzschutzbeamt*innen mit illegalen Pushbacks davon abgehalten die EU zu erreichen. Dies zeigen Berichte von gewaltsamen Einsätzen europäischer Grenzschutzbeamt*innen an der kroatisch-serbischen Grenze und in der Ägäis.

 - pax christi fordert den sofortigen Stopp dieser tödlichen und illegalen Praxis. 

Legitimiert wird diese Praxis mit dem „Schutz“ der EU-Außengrenzen und der „Sicherheit“ der EU-Bürger*innen. Der Schutz vor und damit die Abwehr von schutzsuchenden Menschen wird mittels massiver Aufrüstung und Militarisierung umgesetzt. Zentraler Akteur ist die EU Grenzschutzagentur Frontex, die bis 2027 personell (auf 10.000 Grenzschützer*innen) und materiell ausgebaut wird. Die EU stellt dazu 11 Milliarden Euro bereit. Kritik an illegalen Pushbacks an den Außengrenzen durch Frontex ist für die EU bisher kein Anlass, von diesen Plänen abzusehen und Kontrollinstanzen für die Arbeit von Frontex zu installieren. 

Desweiteren sind im neuen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021-2027 große Investitionen im Bereich Grenzmanagement, unter anderem die Anschaffung von Grenztechnologien, wie Drohnen und satellitengestützter Grenzüberwachung auf dem Land und der See, geplant. Profiteure dieser Politik sind überwiegend europäische Rüstungskonzerne wie Airbus, Thales, Heckler und Koch, uvm., wie die kürzlich veröffentlichten Frontex-Files aufgezeigt haben.

 -  pax christi fordert den Abzug deutscher Bundes- und Landesbeamt*innen aus Grenz- und Frontexeinsätzen, solange diese an illegalen Pushbacks beteiligt sind.

-  pax christi fordert, die europäische Grenzschutzagentur Frontex für mögliche Grundrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen und eine institutionell unabhängige und rechtlich verbindliche Beschwerdestelle einzurichten, bei der Geschädigte ihr Recht gegenüber Frontex einklagen können. 

-  Statt Gelder in die Abwehr von Geflüchteten zu investieren, fordert pax christi, sichere Fluchtwege und legale Einreisemöglichkeiten zu schaffen und zu einem menschrechtskonformen Handeln an den EU-Außengrenzen zurückzukehren. 

pax christi kritisiert die Entrechtung der Geflüchteten an den EU-Außengrenzen:

Sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU werden schutzsuchende Menschen in Lagern ihrer Würde und häufig auch ihrer Rechte beraubt. Die Politik der Inhaftierung und Festsetzung als Maßnahmen zur Abschreckung und Abwehr von Geflüchteten muss beendet werden und der Zugang zu Schutz und das Recht auf Asyl müssen gesichert sein. Die Kampagne „Kein Weihnachten in Moria“ hat bereits auf die katastrophalen Lebensumstände der Geflüchteten in den Lagern auf den griechischen Inseln hingewiesen und die sofortige Evakuierung der Lager gefordert.

- pax christi fordert weiterhin die Schließung und Evakuierung der menschenunwürdigen Lager und eine menschenwürdige und sichere Unterbringung der Geflüchteten.

- pax christi fordert die Bundesregierung auf, entsprechend des im Koalitionsvertrag festgeschriebenen „Zuwanderungskorridors“ von jährlich mindestens 180.000 bis 220.000 Menschen aufzunehmen.

- pax christi fordert den Bundesinnenminister auf, den Ländern und Kommunen, die sich zu Sicheren Häfen erklärt haben und bereit sind, Geflüchtete von den EU-Außengrenzen aufzunehmen, dies endlich zu ermöglichen.

Durch Abkommen mit Drittstaaten treibt die EU die Externalisierung der eigenen Außengrenzen voran und rüstet die Staaten an den EU-Außengrenzen auf. Im Rahmen sogenannter Migrationspartnerschaften erhalten Staaten Geld, wenn sie Geflüchtete von der Weiterreise in die EU abhalten bzw. bereits eingereiste Personen in Schnellverfahren wieder zurücknehmen. Inhaltlich reichen diese "Partnerschaften" von Handelsabkommen über Trainings für Polizei und Grenzschutz (inklusive Ausstattung, Material und Rüstungsgütern) bis hin zu Rückübernahmeabkommen, die Abschiebungen erleichtern sollen. Problematisch sind all diese Partnerschaften, weil sie auf einem stark konditionalen Ansatz beruhen, sodass Entwicklungs- und Handelspolitik immer stärker mit Migrationspolitik verknüpft werden. Darüber hinaus verstoßen Abkommen mit Akteur*innen wie der sogenannten "libyschen Küstenwache", aber auch vielen anderen Staaten, gegen menschenrechtliche Grundsätze wie das Non-refoulement Gebot sowie gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

-  pax christi kritisiert die Aufrüstung von Drittstaaten durch EU-Migrationspartnerschaften und fordert den Stopp von Aufrüstung und Ausbildungsmissionen für Grenzschützer*innen in Drittstaaten.

-  pax christi fordert einen Rüstungsexportstopp insbesondere in menschenrechtsverletzende und kriegführende Staaten. Durch deutsche Rüstungsexporte im Rahmen der Migrationspartnerschaften mit Staaten wie Libyen, Ägypten und der Türkei, unterstützt Deutschland Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegenüber Geflüchteten. 

Hilfe und Solidarität für Geflüchtete leisten vor allem zivile Akteur*innen und zeigen damit das humane Gesicht Europas. NGOs und Ehrenamtliche organisieren die Hilfe und Unterstützung, die den Geflüchteten von staatlicher Seite verwehrt bleibt. Beispiele sind die zivile Seenotrettung, Ärzte ohne Grenzen und zahlreiche kleine Hilfsorganisationen, die sich um eine Verbesserung der Lage der Geflüchteten bemühen. Allerdings wird die Arbeit dieser Organisationen immer wieder durch die Kriminalisierung von Hilfeleistungen für Geflüchtete verhindert. So etwa, wenn Rettungsschiffe festgesetzt werden oder die Versorgung von Geflüchteten unter Strafe gestellt wird.

 Auch Engagierte in Deutschland bekommen diese Entwicklung zu spüren. So gerät das Kirchenasyl unter Druck, wie das Strafverfahren gegen die Äbtissin Mechthild Thürmer zeigt.

-  pax christi solidarisiert sich mit den Engagierten und Retter*innen und fordert ein Ende der Kriminalisierung von Hilfe und Solidarität.

  Als Mitglied des Bündnisses United4rescue solidarisiert sich pax christi mit festgesetzten zivilen Rettungsschiffen, wie der Sea Watch, und fordert ein Ende der Festsetzung.  

- Statt Ausgaben für die Aufrüstung an den EU-Außengrenzen fordert pax christi die Wiedereinführung eines europäischen Seenotrettungsprogramms.




Information

Träger der Kampagne „Menschenrecht statt Moria“:

pax christi - Deutsche Sektion e.V.
AK Asyl Südstadt, Tübingen; 
AK Flüchtlinge Reutlingen
BDKJ Diözesanverband Freiburg

BDKJ Diözesanverband Fulda
BDKJ Diözesanverband Mainz
BDKJ Diözesanverband Niedersachsen
BDKJ Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart
Caritasregion Fils-Neckar-Alb
Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz
Deutsche Franziskanerprovinz KdÖR
Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg, Diözesanverband Osnabrück
Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu OSF
Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin
Diözesanrat der katholischen Frauen und Männer im Bistum Essen
Diözesanrat der Katholik*innen im Bistum Hildesheim
Diözesanrat Rottenburg-Stuttgart
Evangelische Schüler*innenarbeit im Rheinland e.V.
Evangelisches Dekanat Groß-Gerau-Rüsselsheim
Interfranziskanische Arbeitsgemeinschaft (INFAG)
Katholikenrat im Bistum Mainz
Koordinationskreis Asyl Darmstadt und Landkreis Darmstadt
Kreisdiakonieverband Ludwigsburg
Ökumenische Fachstelle Asyl/ Forum Asyl Landkreis Ludwigsburg
Stadtversammlung der Frankfurter Katholik*innen
Willkommenskultur für Flüchtlinge im Bistum Limburg
Zentrum Ökumene der EKHN und EKKW
Katholische Arbeitnehmerbewegung Diözesanverband Fulda
Katholische Arbeitnehmerbewegung Diözesanverband Limburg e.V.
Katholische Arbeitnehmerbewegung Diözesanverband München und Freising e.V.
Katholisches Dekanat Rüsselsheim mit katholischer Betriebsseelsorge Südhessen
Katholisches Dekanat Worms
Katholische Landfrauenbewegung Erzdiözese Freiburg
Katholikenrat im Bistum Fulda

 

 

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