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Impuls zum 19. Oktober 2025

Zum 29. Sonntag im Jahreskreis

Von Odilo Metzler (Stuttgart), Mitglied im Bundesvorstand

Glaube mit fünf Fingern

1. Lesung: Ex 17,8-13  
Durchhalten, nicht allein streiten, mit Gott in Verbindung sein

2. Lesung
2 Tim 3,14-4,2 Verkünde ob gelegen oder ungelegen

Evangelium: Lk 18,1-8
In jener Zeit sagte Jesus seinen Jüngern durch ein Gleichnis,
dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten:
In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete 
und auf keinen Menschen Rücksicht nahm.
In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam
und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Widersacher!
Und er wollte lange Zeit nicht. Dann aber sagte er sich:
Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht;
weil mich diese Witwe aber nicht in Ruhe lässt, will ich ihr Recht verschaffen.
Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.
Der Herr aber sprach: Hört, was der ungerechte Richter sagt!
Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien,
nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern bei ihnen zögern?
Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen.
Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?

Gedanken zum Evangelium
Im Ökumenischen Friedenszentrum beim Evangelischen Kirchentag im Mai in Hannover habe ich eine neue Weise des Bibelgesprächs kennengelernt: Fünf Finger stehen jeweils für Fragen des Ge-sprächs:
Der Daumen fragt: Was gefällt mir am Text? Was spricht mich an?
Der Zeigefinger: Worauf weist er mich hin, wozu ermahnt der mich?
Der Mittelfinger: Was stört mich, was stinkt mir daran?
Der Ringfinger: Welche Zusage Gottes macht er? Welches Versprechen?
Der kleine Finger: Was kommt im Text zu kurz?

Ich lade dazu ein, das selbst zu versuchen, am lebendigsten ist es mit anderen. Ich habe das mit einer pax christi-Freundin im Blick auf dieses Evangelium ausprobiert: Also der Daumen: Was spricht mich an am Text?

Die Witwe kommt zu ihrem Recht, obwohl sie eigentlich keine Chance hat bei dem rücksichtslosen Richter. Und Jesus sagt ohne Wenn und Aber, dass Gott uns Recht verschafft.

Der Zeigefinger: Worauf weist der Text mich hin?

Wir, ich sollen nicht nachlassen, nicht aufgeben. Es geht darum, allezeit zu beten, in der Kommunikation mit Gott zu bleiben.

Der Mittelfinger: Was stört mich am Text?

An diesem Text stört uns nichts. Wir problematisieren kurz das Bild Gottes als Richter, er ist aber ein gerechter Richter, der zum Leben verhilft. Als Frage bleibt: was ist, wenn Bitten nicht erhört werden?

Der Ringfinger: Welches Versprechen liegt im Text?

Gott wird uns Recht verschaffen, wenn wir nicht aufhören, zu beten. Wir dürfen bitten um die Abnah-me einer Last oder einer Schuld, um Heilung und Versöhnung, um Frieden. Er / sie hört unsere Bitten und steht auf der Seite des Lebens. 

Der kleine Finger: Was kommt im Text zu kurz?

Die Dramatik liegt im letzten Satz: Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden? Das Gleichnis steht im Kontext der Rede Jesu über die Endzeit, über sein Wiederkommen, das davor mit dramatischen Bildern verbunden ist, der Flut, die alle vernichtet, Feuer und Schwefel, die vom Himmel regnen und das im Satz mündet: „Wo ein Leichnam ist, da sammeln sich auch die Geier“, ein Bild für das Gericht über den Unglauben. Es geht beim Beten also um die aktive Erwartung des wiederkommenden Herrn. 

„Unser Reisepass für das Paradies“
Ob der kommende Christus Glauben auf der Erde findet, liegt an uns. Ob wir den Glauben verlieren oder im Glauben für diese Erde kämpfen, für Gerechtigkeit und Frieden, dass alle Menschen Bild Gottes sind und somit Geschwister, dass alle eine Würde haben, auch wenn sie schuldig werden, dass wir in den anderen die Kraft zum Guten sehen. Gerade die Menschen, die sich selbst nicht Recht verschaffen können, die in der Welt wenig Ansehen haben wie die Witwe im Gleichnis, die Armen dieser Welt können uns „den Weg zum Himmel öffnen“, sagte Papst Franziskus in seiner unvergessenen Bildsprache. Sie sind „unser Reisepass ins Paradies“.

Gebet
Jesus, unser Bruder,
du hast deinen Freunden und Freundinnen bezeugt, dass Gottes Vorliebe denen gilt,
die sich nicht selbst aus Rechtlosigkeit, Armut oder Schuld befreien können.
Und du hast ihnen eindringlich gesagt, dass der Glaube an die Gegenwart Gottes in allen Menschen nötig ist, dass wir selbst heil und frei werden können.

Ich bitte dich um den unermüdlichen Glauben an dein Reich, an dein Kommen und an Gerechtigkeit, Versöhnung und Frieden in unserer verlorenen Welt.