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Impuls zum 21. Juni 2020

Zum 12. Sonntag im Jahreskreis

Von Ute Zeilmann (Wertheim), Mitglied der pax christi-AG Migration

 

Verkündet es auf den Dächern! Aber was?

Liturgische Eröffnung

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. AMEN.  

Hinführende Gedanken

Die Kirche mag nach Pfingsten, dem Sonntag Trinitatis und Fronleichnam wieder im Alltag des Kirchenjahres angekommen sein, doch wirklich alltäglich und routiniert ist nichts. Irgendwie steht keiner so richtig auf den Dächern und verkündet Vertrauen, es stehen eher Menschen auf Plätzen und säen Misstrauen. Dabei hilft Misstrauen jetzt nicht, denn vieles im Alltag ist noch unsicher. Ich denke an die Schulen, die in den Endspurt des seltsamsten Schuljahres seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland gehen und unterschiedlich nun die Herausforderung angehen, die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen zu unterrichten. Ich denke an Gastronomen und Unterkünfte, die schon etwas mehr Erfahrung jetzt haben, wie man trotz dieser Hygieneverordnungen Gäste bewirten und beherbergen kann. Ich denke an öffentliche Räume und Behörden, die verschiedenste Strategien und Konzepte haben, um die entsprechenden Dienstleistungen zu erbringen. Im Alltag des Kirchenjahres ist es die Kunst, jetzt mit Vertrauen auf Gott, der uns so sehr kennt und schätzt, dass er weiß, wie viele Haare auf unserem Kopf sind, die Herausforderungen für Gesundheit, Wohlergehen und Zukunft in den Alltag gut zu integrieren. Der Blick zurück hilft nicht, was wäre wenn und was würden wir nun tun, wenn diese Pandemie nie ausgebrochen wäre? Mir fällt immer mehr auf, wie wenig die sogenannten Synoptiker, die Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas Jesus zurückschauen lassen. Sie beschreiben Jesu Wirken als Weg, der immer weiter voranschreitet, alles geht voran, es ist immer zukunftsorientiert. Von Jesus hört man so gut wie nie: „Früher war alles besser.“ Der einzige, der unser Tun wirklich reflektiert, und dem ein Urteil über Vergangenes zusteht, ist Gott selbst, der auf Herz und Nieren prüft, wie es in der Lesung aus dem Jeremiabuch heißt. 

Sind wir bereit, uns dieser Prüfung durch Gott zu stellen?

  1. Jesus Christus, bekenne Dich zu uns vor Deinem Vater und halte zu uns. Herr, erbarme Dich.
  2.  Jesus Christus, erhalte in uns die Ausdauer, im Alltag die vielfältigen Prüfungen zu bestehen. Christus, erbarme Dich.
  3. Jesus Christus, sprich immer wieder zu uns, Respekt aber keine Angst vor Menschen und vor Gott zu haben. Herr, erbarme Dich. 
     

Gebet

Gott, zu Dir zu stehen, die Botschaft Jesu heute noch von den Dächern zu verkünden, ist nicht leicht. Doch ich lese in der Schrift genügend Beispiele darüber, wie Propheten und christliche Gemeindemitglieder für ein authentisches Zeugnis von Dir angefeindet, verleumdet worden sind oder nicht ernst genommen werden. Nicht umsonst lehrt uns Dein Sohn, auch unsere Feinde zu lieben. Denn es dient nicht unserem Auftrag, in dieser Welt Frieden zu stiften, wenn wir selbst immer urteilen und richten. Sondern wir müssen auch aushalten, Dir die Ahndung derer, die Unrecht tun, zu überlassen. Das entbindet uns nicht von der Verantwortung, das Gute zu tun, aber eben zukunftsorientiert und auch mal konzentriert auf uns selbst. Das heißt nicht, kritiklos alles hinzunehmen, aber eben auch ohne Furcht bessere Vorschläge für das Gute, das Gerechte und Friedvolle von den Dächern dieser Welt zu rufen. Dafür gib uns Mut und Deine Kraft, der Du bei uns bist, heute, morgen und bis zur Ewigkeit. 

AMEN. 

 

Tat-Wort

Lesung  aus dem Buch Jeremía 

Jeremía sprach:

10 Ich hörte die Verleumdung der Vielen: Grauen ringsum! Zeigt ihn an! Wir wollen ihn anzeigen. Meine nächsten Bekannten warten alle darauf, dass ich stürze: Vielleicht lässt er sich betören, dass wir ihn überwältigen und an ihm Rache nehmen können. 

11 Doch der HERR steht mir bei wie ein gewaltiger Held. Darum straucheln meine Verfolger und können nicht überwältigen. Sie werden schmählich zuschanden, da sie nichts erreichen, in ewiger, unvergesslicher Schmach.

12 Aber der HERR der Heerscharen prüft den Gerechten, er sieht Nieren und Herz. Ich werde deine Vergeltung an ihnen sehen; denn dir habe ich meinen Rechtsstreit anvertraut. 

13 Singt dem HERRN, rühmt den HERRN; denn er rettet das Leben des Armen aus der Hand der Übeltäter.  

Wirk-Wort

Der Prophet Jeremia steht mir gerade sehr persönlich nahe. Ich hab mich in Vorbereitung auf eine Einheit im theologischen Kurs Freiburg mal etwas näher wieder mit ihm beschäftigt, zu kurz kam er im Studium. Vielleicht ist das aber bei Jeremia auch der falsche Zugang. Diesem Propheten kann man sich kognitiv, intellektuell nicht allein nähern, hier braucht es ähnliche Erfahrungen und Emotionen, die man im Studium nicht bekommt, wohl aber im pastoralen Alltag. Seit 5. April ist das bei mir der Fall. An diesem Tag wurde das Wahlergebnis des Pfarrgemeinderats bei uns bekannt. Eine halbe Stunde, bevor ich bei der Auszählung als Mitglied im Wahlvorstand dabei war, ging es mir schon wie Jeremia. In dem wunderschönen Vers 7 des 20. Kapitels des Jeremiabuchs, der leider nicht in dem Ausschnitt der heutigen Lesung aus dem gleichen Kapitel vorkommt, heißt es: Du hast mich betört, o HERR, und ich ließ mich betören; du hast mich gepackt und überwältigt. Zum Gespött bin ich geworden den ganzen Tag, ein jeder verhöhnt mich. Innerhalb einer halben Stunde kam auch bei mir dieser Umschwung. Ich saß im Pfarrgarten und wartete auf die Kollegen und fühlte nach einem gelungenen pastoralen Projekt zu Beginn der Karwoche mich glücklich, ja betört von Gott, weil alles so super gelaufen ist, trotz Corona und wenig gemeinsamen Treffen. Ich war wirklich überwältigt, wie das lief. Ich war so zufrieden mit dem Tun und dann wird bekannt, dass trotz meiner monatelangen Bewusstseinsbildung in Richtung politisches Christentum gegen Rechtspopulismus in der Gemeinde ein junger AfD-Funktionär über die Persönlichkeitswahl aufgrund mangelnder Kandidierenden in einem Stimmbezirk in unseren Pfarrgemeinderat gewählt worden ist. 48 Personen haben ihm eine Stimme gegeben, die mein ganzes Bemühen als Pastoralreferentin in der Gemeinde und im bisherigen Pfarrgemeinderat zum Gespött werden ließen. 

Verhöhnt-Werden kam noch hinzu: Eine Kreisverbandsvorsitzende, die sich nun feiern lässt, dass sie nun endlich offiziell als AfD auch den Fuß in der katholischen Kirche haben. Zum Gespött macht uns die Wahlordnung, denn juristisch ist alles in Ordnung und die Wahl ist rechtens, wir müssen es aushalten. Über 115 Personen der Kirchengemeinde, die Einspruch gegen diese Wahl eingelegt haben, fühlen sich zum Gespött gemacht. Als diejenige Person, die das Gesicht hinhält und klar Position bezieht, warten jetzt vielleicht schon auch einige darauf, dass ich stürze. Jeremia wurde unbequem bei der etablierten Gemeinde und Elite in Jerusalem, weil er immer gemahnt hat, sich ausschließlich an Gott und seine Gebote zu halten und nicht politische Alternativen zu suchen durch Anbiedern an die ägyptischen Herrscher, um von den Babyloniern verschont zu bleiben. Jeremia war immer dagegen, politische und juristische Tricks anzuwenden. Wenn es zum Untergang kommen sollte, dann wohl, weil man sich von Gott und seiner Weisung weit entfernt hat und nur noch das nationale Überleben im Blick hatte. Man hatte die ärmere, abgehängte Bevölkerung in den ländlichen Regionen geschröpft, um die Tributleistungen für eine völlig aussichtslose und bodenlose Bündnispolitik zu erwirtschaften. Jeremia ruft so oft zur Umkehr, wieder auf den Weg der Gerechtigkeit nach der Tora zurückzukehren, doch was passiert? Diejenigen, denen er zu unbequem wird, stecken ihn einfach in eine Zisterne, um ihre Ruhe zu haben von diesem unbequemen Mahner zur Umkehr. Jeremia ist ein tragischer Umkehr-Theologe, der, so wie wir es in der Lesung erfahren, nur noch darin Halt findet, sein Anliegen und seine Berufung Gott anzuvertrauen, der dafür sorgen wird, dass diejenigen, die Jeremia nur los werden wollen, sich nicht auf JHWHs Beistand und Hilfe verlassen können, er hingegen schon. Jeremia muss erkennen: Er hat genug gekämpft, jetzt liegt es an Gott selbst, der feststellen wird, wer den richtigen Weg ging und wer nicht. 

Jeremia ist davon überzeugt, wer ihn aus dem Weg räumen lassen will, der wird selbst straucheln. Jeremia ist aber eben nun selbst herausgefordert, das zu leben, was er verkündet: Das Urteil, das ist mit Vergeltung gemeint, ganz Gott uns seiner Weisheit und Gerechtigkeit zu überlassen und diese Gerechtigkeit und Weisheit spiegelt sich nicht in Wahlerfolgen wider. Der Rechtsstreit, ob ein AfD-Funktionär, der öffentlich zwischen Nächsten- und Fernstenliebe unterscheidet und meint, als Pfarrgemeinderat könne er einer Fernstenliebe kritisch gegenüberstehen, wählbar ist, ist auf kirchenjuristischer geklärt, aber nicht auf moralischer Ebene und auch nicht auf theologischer Ebene, denn mit Jeremia sage ich: Dir Gott, vertraue ich meinen Rechtsstreit an. Und dass ich hier mit der rechtlichen Lösung nicht einverstanden bin, weil die Leitungen der katholischen Kirche immer noch Angst haben vor den Menschen, obwohl Jesus, im gleich folgenden Evangeliumsabschnitt mahnt „Fürchtet euch nicht vor den Menschen!“, werde ich weiterhin ans Licht bringen und von den Dächern rufen voller Vertrauen in Gott. 

Hören wir nun das Evangelium nach Matthäus  

Tat-Wort

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus. 

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Aposteln:

26 Fürchtet euch nicht vor den Menschen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird,

und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. 

27 Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern! 

28 Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann! 

29 Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters. 

30 Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. 

31 Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen. 

32 Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. 

33 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.  

Musikvorschlag

GL 429, 1-3.5 oder O, mein Christ, lass Gott nur walten, bsp. Freiburg/Rottenburg GL 844/845 Strophe 1.3.6  

Antwort im Bekenntnis

„Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.“

Bekennen wir uns zu unserem Herrn Jesus Christus und seinen und unserem Vater:

Ich bekenne mich zu Gott, der alles Leben erschaffen hat und erhält, der uns Verantwortung als sein Bild gegeben hat, um diesen Lebensraum zu bewahren. 

Ich bekenne mich zu Gott, der in allem Mächtig ist, dessen Macht größer ist als Unrecht und menschliche Rechtsprechung, dessen Güte aber auch liebevoller ist als menschliches Mitgefühl. 

Ich bekenne mich zu Jesus Christus, den Sohn Gottes, der unter uns Menschen gelebt hat durch seine Mutter Maria, der eine andere Gerechtigkeit verkündet hat; der den Mächtigen auch unbequem geworden ist, so sehr sogar, dass sie ihn zum Tod verurteilten und am Kreuz hinrichteten. 

Ich bekenne mich zu Jesus Christus, der großes, von rassistisch-nationalistisch geprägten und machtbesessenen Menschen verursachtes Unrecht erlitten hat und der gestorben ist wie ein Mensch, der aber von Gott als geliebter Sohn von den Toten auferweckt worden ist und zu Gott in den Himmel zurückgekehrt ist. 

Ich bekenne mich zu Jesus Christus, der wiederkommen wird am Ende meines Lebens, um mich auf Herz und Nieren zu prüfen, ob ich den Weg der Weisungen Gottes im ersten Bund und seiner Botschaft von Gottes Reich und der Gnade im zweiten Bund gegangen bin. 

Ich bekenne mich zum Heiligen Geist, der uns geschenkt ist in der Taufe, um uns einen Neuanfang aus der Gnade und Gerechtigkeit Gottes zu ermöglichen, der in uns wirkt, um mutig und furchtlos für unseren Glauben einzutreten. 

Ich bekenne mich zur Gemeinschaft der Kirche Jesu Christi und zu meiner Würde als getaufter Christ/getaufte Christin mit meiner Aufgabe, das Reich Gottes heute spürbar werden zu lassen.  

Sendung und Auftrag

Der Alltag ist die neue Herausforderung. Beschenkt mit der Gabe Gottes, den Heiligen Geist, ermutigt mit dem Zuspruch Christi, dass wir Gott viel wert sind und er sich zu uns bekennt, wenn wir uns zum ihm bekennen. Und beschenkt mit dem Vertrauen von Jeremia, auch in Unrechtserfahrung, die Sorge für Gerechtigkeit Gott anzuvertrauen, geht in die neue Woche. Verkündet von den Dächern von der Hoffnung auf Frieden, vom Glauben an die Gerechtigkeit, von der Liebe in Ewigkeit. Dazu begleite Euch der Segen Gottes:  

Segen

Betöre und überwältige mich mit Deinem Zuspruch der Gnade.

Befähige mich mit Deinem Zuspruch der Kraft.

Begleite mich mit Deinem Zuspruch des Segens und Friedens.

So segne und behüte mich / uns Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. AMEN

 

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