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75 Jahre Nakba

02. Mai 2023

75 Jahre nach der Staatsgründung Israels und der Nakba sind Palästinenser:innen in größter Bedrängnis

"Wir können Führern und Völkern dabei helfen, sich von Angst und Misstrauen zu befreien, damit der langersehnte Frieden kommt. Der Beginn der Freiheit der Palästinenser ist auch der Beginn der Versöhnung zwischen zwei Völkern, den Palästinensern und den Israelis“.
Michel Sabbah, emeritierter Lateinische Patriarch von Jerusalem und ehemaliger Präsident von Pax Christi International

75 Jahre nach der Staatsgründung Israels und der damit zusammenhängenden „Nakba", der Vertreibung eines großen Teils der palästinensischen Bevölkerung aus dem Staatsgebiet Israels, sind die Palästinenser:innen in größter Bedrängnis. Die äußerst rechts ausgerichtete israelische Regierung, zu der die militante jüdische Siedlerbewegung gehört, erklärte, dass das jüdische Volk ein „ausschließliches und unbestreitbares Recht auf alle Teile des Landes Israel“ habe, wozu für sie auch die Westbank und Ostjerusalem gehören. Mitglieder und Parteien der israelischen Regierung denken darüber hinaus laut über ein Groß-Israel einschließlich Jordanien nach.

Die aktuelle Situation in den von Israel seit 1967 völkerrechtswidrig besetzten palästinensischen Gebieten (Westjordanland und Ostjerusalem) wird für die Palästinenser:innen immer bedrohlicher. Inzwischen gibt es dort rund 700.000 jüdische Siedler:innen in fast 300 völkerrechtswidrigen Siedlungen – etwa 40 % des Westjordanlandes sind bereits in ihrer Hand. 

pax christi kritisiert vehement die faktisch alltäglich vor Ort stattfindende Annexion, die durch eine aktive Siedlungspolitik zu einem strategischen Vorgang wird. 

pax christi kritisiert den immer stärker werdenden Vertreibungsdruck durch aggressive und gewalttätige Siedler:innen bei oft gleichzeitiger Rückendeckung durch das israelische Militär und die israelischen Polizeikräfte. Eine steigende Gewalt findet von israelischer Seite inzwischen flächendeckend im Westjordanland statt. In dem palästinensischen Dorf Huwara bei Nablus im Westjordanland kam es im Februar 2023 zu einem vom israelischen Staat/Militär geduldeten Pogrom von Siedlerseite. Nahezu alle Siedlungen haben große Schaf- und Ziegenherden, die systematisch über die Felder der palästinensischen Bauern getrieben werden, wodurch deren Getreideernte zerstört wird. Viele haben inzwischen ihre landwirtschaftlichen Betriebe aufgegeben.

Im November 1947 verabschiedete die UN-Generalversammlung die Resolution 181,  die die Aufteilung des Völkerbundsmandats für Palästina in einen arabischen und einen jüdischen Staat forderte. Am 14. Mai 1948 kam es nach dem Abzug der letzten britischen Truppen zur Unabhängigkeitserklärung und Gründung des Staates Israel. Bis heute ist der Staat Israel Juden weltweit zu einem Zufluchtsort geworden. Bereits 1947/1948 in dem Gebiet des heutigen Staates Israel zu der „Katastrophe“ (arabisch Nakba) für die dort ansässige arabisch-stämmige / palästinensische Bevölkerung. Über 500 ihrer Dörfer und Stadtviertel wurden von der Armee Israels bzw. von Milizen zerstört. Über 750.000 Palästinenser:innen wurden vertrieben oder sind geflohen. 

Im Dezember 1948 verabschiedete die UN-Generalversammlung die Resolution 194, die den Palästinenser:innen das Recht auf Rückkehr oder Entschädigung einräumte. Seither wurde der Staat Israel nicht dafür zur Rechenschaft gezogen, dass er das völkerrechtliche verankerte Rückkehrrecht oder eine Entschädigung den Palästinenser:innen verweigert. 

pax christi verlangt viel mehr Aufmerksamkeit für das Wohlergehen der inzwischen 5,4 Millionen registrierten Geflüchtete in den besetzten Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem und dem Gazastreifen, und in Flüchtlingslagern im Libanon, in Jordanien und in Syrien.

Die Nakba ist aber nicht nur ein historisches Ereignis, das in der nationalen Geschichte und dem kollektiven Gedächtnis verankert ist. Sie ist eine anhaltende Katastrophe für Palästinenser:innen, die weiterhin unter Landbeschlagnahmung leiden, wenn illegale  israelische Siedlungen erweitert, Häuser abgerissen, alte 
Olivenhaine zerstört werden und ihnen das Rückkehrrecht verweigert wird. pax christi kritisiert, dass die israelische Regierung die Nakba nicht anerkennt und ihre Thematisierung sanktioniert.

Die deutsche pax christi-Sektion setzt sich als Teil des weltweiten Pax Christi International – Netzwerkes seit 75 Jahren für Frieden und Gerechtigkeit, für Menschenwürde, Menschenrechte und Völkerrecht ein. Als Friedensbewegung in der katholischen Kirche engagieren wir uns im ökumenischen Geist für das gemeinsame 
Friedenszeugnis der christlichen Kirchen in Wort und Tat.
 
pax christi steht für das Recht aller Menschen und Völker ein, ein selbstbestimmtes Leben in Frieden und Freiheit und in anerkannten, staatlichen Grenzen zu führen. Seit den 1970er Jahren unterstützt pax christi Friedenskräfte in Palästina und Israel, zum Beispiel palästinensische Menschenrechtsorganisationen, die von der israelischen Regierung unlängst als Terrororganisationen klassifiziert und verfolgt werden. 

Unser Engagement im Nahostkonflikt konfrontiert uns mit der deutschen Schuld an der Ermordung der europäischen Juden in den Jahren 1933 bis 1945. Wir wissen um die bleibende Verantwortung, die für uns Deutsche aus der Shoa und der Nazizeit insbesondere zur Wahrung von Menschenrechten und Völkerrecht erwächst. pax christi sieht die Ängste und Interessen von Israelis und Palästinenser:innen in diesem äußerst asymmetrischen Konflikt. 

pax christi fordert eine ständige internationale Beobachtermission in der Westbank und Ostjerusalem. 

pax christi fordert die internationale Staatengemeinschaft, die Bundesregierung und die EU dazu auf, der geschilderten Situation viel mehr Aufmerksamkeit zu widmen und Israel zu bewegen, das Völkerrecht einzuhalten und – auch im ureigenen Interesse Israels – die Besatzung zu beenden. Die Bundesregierung muss den Staat Palästina anerkennen und konkrete Schritte zu Friedensverhandlungen einleiten.