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Zum Tod von Heinz Theo Risse

05. Jun 2023

Ein Leben für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung

Die deutsche Sektion von pax christi trauert um das langjährige Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes Heinz Theo Risse, der am 26. Mai 2023 im Alter von 98 Jahren verstorben ist. Wenige Tage vor seinem Tod konnte die deutsche Sektion in Leipzig ihr 75-jähriges Bestehen feiern. Sein Name war bei den dortigen Teilnehmenden präsent, hat Heinz Theo Risse doch zu seiner Zeit in den 1960er und 1980er-Jahren einen großen Anteil daran gehabt, dass pax christi heute auf eine so lange Tradition zurückblicken kann. 
Sein außerordentliches Verdienst war es, die spirituelle Friedensbewegung pax christi Ende der 1960er-Jahre zu einer politischen Friedensbewegung weiterzuentwickeln. Neben Gebet und Route verstand Heinz Theo Risse es, die politische Analyse und die perspektivischen Entwürfe der Friedensforschung als festen Bestandteil der Friedensarbeit von pax christi zu verankern. pax christi wurde so nicht nur zu einem geschätzten Gesprächspartner in den friedenspolitischen Diskursen, sondern öffnete sich zugleich auch für neue Mitglieder. Sichtbarer Ausdruck dieser Fortentwicklung stellt die Erarbeitung und Verabschiedung der Plattform „Abrüstung und Sicherheit“ im Jahre 1980 dar. Dabei dokumentiert insbesondere die gleichnamige Konsultation zwei Jahre zuvor die Aktualität und Bedeutung, die pax christi zuteil wurde. Es war das Verdienst von Heinz Theo Risse, dass pax christi Wissenschaftler und Politiker an einen Tisch bringen konnte, um praktische Konsequenzen für friedenspolitisches Handeln zu erörtern. 

Mit viel Geschick und Einflussmöglichkeiten hat Heinz Theo Risse pax christi auch in den Strukturen der katholischen Kirche gut platzieren und damit einen Grundstein für eine arbeitsfähige Struktur der Bewegung schaffen können. 

Dabei war Heinz Theo Risse immer ein Mann der zweiten Reihe. In der langen Zeit seines Wirkens als Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes bis zu seinem Rücktritt im Jahre 1987 hat er eher im Hintergrund dafür Sorge getragen, dass die Qualität der pax christi Arbeit im öffentlichen Diskurs Bestand haben konnte. Heinz Theo Risse stand für eine Friedensethik, die, orientiert an wissenschaftlichen Standards und politisch Machbarem, nach Wegen des Friedens und der Gerechtigkeit sucht. Diese Linie führte mit der Nachrüstungsdebatte um atomare Mittelstreckenraketen und dem Aufkommen der neuen sozialen Bewegungen zu einer grundlegenden Auseinandersetzung um den friedenspolitischen Weg von pax christi. In dieser Auseinandersetzung war das Ziel unstrittig. Risse selbst hatte es als Mitautor des Hirtenworts der katholischen Bischöfe auf dem Höhepunkt der Nachrüstungsdebatte vorgegeben: Gerechtigkeit schafft Frieden. Strittig blieb die Frage des Weges. Als die Delegiertenversammlung 1986 mit der „Feuersteiner Erklärung“ nachdrücklich ein unbedingtes Handeln aus dem Gewaltverzicht des Evangeliums forderte, sah Heinz Theo Risse in der Folgezeit für sich keine Möglichkeit mehr, sein Engagement in pax christi fortzusetzen und trat von seinen Aufgaben als Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes zurück. Seine Vorbehalte gegen einen unbedingten Gewaltverzicht sind für pax christi bis heute von Bedeutung geblieben, so in der Auseinandersetzung um den Genozid von Srebrenica 1995 oder heute in der Frage der angemessenen Unterstützung für die überfallene Ukraine. 

Unverzichtbarer Teil seines friedensethischen Handels war sein Wille und sein großes Engagement für Verständigung und Versöhnung. Viele Jahre hat er die deutsche Sektion bei Pax Christi International vertreten und zur Stärkung dieses internationalen Netzwerkes für Frieden und Gerechtigkeit beigetragen. Große Verdienste hat sich Heinz Theo Risse dabei um die Versöhnung mit dem polnischen und russischen Volk erworben. Seine wiederholten Reisen nach Auschwitz, seine Kontakte zu den polnischen Intellektuellen um die Gruppierung Znak, seine Teilnahme an den Auschwitz-Seminaren, die Reise nach Russland, die wiederholten Gespräche mit der russisch-orthodoxen Kirche und schließlich sein Mitwirken an der Gründung des Maximilian-Kolbe-Werkes sind Ausdruck dieses Versöhnungshandelns. Die Früchte seines Wirkens reichen bis in die Gegenwart der pax christi Bewegung und darüber hinaus. Heinz Theo Risse hat Anteil an der Entwicklung einer deutschen Erinnerungskultur, die keinen Zweifel lässt an der Täterschaft für den II. Weltkrieg und eine Empathie für alle Opfer dieses Krieges einfordert.

pax christi ist Heinz Theo Risse zu tiefem Dank verpflichtet. Nicht nur, dass er mit seiner Arbeit bleibende Akzente für die pax christi Bewegung gesetzt hat; er hat den Kontakt zu pax christi nie abreißen lassen und den Weg der Bewegung interessiert verfolgt. Möge er ruhen in Gottes ewigem Frieden.