Trauer um Kardinal Monsengwo
14. Jul 2021
Am Sonntag, dem 11. Juli 2021 erlag Kardinal Monsengwo (Kinshasa) im Alter von 81 Jahren in Versailles bei Paris einem Nieren-Leiden. Er wurde 1963 in Rom zum Priester und 1980 in Kinshasa von Papst Johannes Paul II zum Bischof geweiht. Von 2007 bis 2018 war er Erzbischof von Kinshasa und seit 2010 Kardinal. Er feierte 2013 sein 50jähriges Priesterjubiläum in vielen Gemeinden der kongolesischen Hauptstadt mit Gottesdiensten nach dem offiziellen Kongolesischen Ritus in der Langfassung von 3-4 Stunden, was mir unvergesslich bleibt.
Weltweit bekannt wurde er als Vize-Präsident von Pax Christi International (PCI; 2007 bis 2010) und besonders als einer der neun Berater von Papst Franziskus. Der hatte ihn, der schon manche Ämter im Rahmen der vatikanischen Struktur (besonders für Justitia et Pax) bekleidet hatte, in den „Kardinalsrat zur Erarbeitung einer Kurienreform“ berufen. Dort traf er mit dem zum Freund gewordenen Münchner Amtsbruder Reinhard Marx zusammen.
Als ich dem damaligen Erzbischof von Kisangani, Laurent Monsengwo Pasinya, 2007 zum ersten Mal in Afrika begegnete, war zunächst mein Eindruck, in die 50er Jahre der römisch-katholischen Kirche zurückversetzt worden zu sein. Beim Abschlussgottesdienst einer Afrikatagung von PCI in Kigali, der Hauptstadt Ruandas zog er im schlichten Dom mit dem Charakter eines weiten offenen Saales mit Mitra und großer Ministranten- und Adjutanten-Schar ein. Als ich dann aber seine Friedenspredigt für Versöhnung zwischen diesen beiden Ländern hörte, da spürte ich den Kern seines Engagements. Mehrfach sind wir uns dann in Brüssel und Antwerpen im Rahmen von PCI begegnet. Und in dieser Zeit spürte ich schon allmählich den Wunsch, einige Zeit in seinem Land als Friedensarbeiter zu dienen, was dann ja auch von 2010 bis 2014 als Berater der Bischofskonferenz möglich wurde.
Seither bin ich seinem Land eng verbunden geblieben; umso mehr hat mich sein unerwarteter Tod im Juli berührt. Als er 2012 den Friedenspreis des „Ökumenischen Netzes Zentralafrika“ in Berlin erhielt (im ÖNZ arbeiten u.a. pax christi und Brot für die Welt zusammen), spürte ich bei seiner Dankesrede: er war ein Friedensmann in bleibenden Bürgerkriegszeiten; zeitlebens eine Vertrauensperson im Kongo; politisch aktiv u.a. als Präsident der „Unabhängigen Nationalversammlung“ von 1991/92. Diese brachte er aber unter dem Druck des bleibenden Diktators Mobutu nicht erfolgreich zu Ende.
Auf einer Christendemo wurden nach überhasteter Schließung viele erschossen – sie werden bis heute in der Kirche als Märtyrer gefeiert. Monsengwo hing dieser faule Kompromiss lange nach, ebenso aber auch die Hoffnung, er werde irgendwann nochmals politisch antreten, was nie sein Anliegen war. Er verstand sich und seine Kirche als Förderin von Frieden und Dialog, als Kontrapunkt der Diktatur, als Wahrer der Menschen- und Bürgerrechte und als Vertreter des einfachen Volkes – zeitweise im Gegensatz zur lange staatstreuen lutherischen Kirche (Église du Christ au Congo / ECC), die heute aber ebenso kritisch geworden ist. In den letzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2011 und 2018 gehörte er zu den schärfsten Kritikern von Wahlfälschungen und unterstützte stets die „Wahrheit“ („vérité des urnes“) vor und nach den Wahlen.
Die Pariser Zeitung „La Croix“ würdigte Monsengwo am 11.7.2021 als „Zeugen und Schlüsselakteur der kongolesischen Zeitgeschichte“ mit „starker Stimme“. Die deutsche „taz“ titelte „Der Aufrechte“.
Besonders bleibt mir in Erinnerung, dass er die Trainings von Kirchenpersonal in gewaltfreiem Widerstand befürwortete und vor den letzten Wahlen auch systematisch durch Samstags-Seminare in allen Gemeinden Kinshasa förderte. Möge er ruhen in Gottes ewigem Frieden und seine Saat aufblühen wie Weizen im Sommer.
Reinhard J. Voß war von 2001 bis 2008 Generalsekretär von pax christi Deutschland und danach drei Jahre als Friedensfachkraft im Kongo tätig.
Weitere Informationen finden sich auch bei Pax Christi International
www.paxchristi.net
www.paxchristi.net
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Kommission Solidarität mit Zentralafrika
Das ungeheure Leiden der Menschen in der Region der Großen Seen in Afrika geht uns alle an! Auf dem Weg hin zu friedlichen Formen der Konfliktbearbeitung spielt der Wandel von der Konfliktökonomie zu einer Friedensökonomie eine entscheidende Rolle.