HeidelbergCement vergrault Investoren
03. Mai 2016
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und pax christi verlangen von HeidelbergCement die Achtung und Umsetzung internationalen Rechts – auch um weiteren Schaden vom Unternehmen und den Aktionärinnen und Aktionären fernzuhalten.
Bei
der morgigen Hauptversammlung von HeidelbergCement fordern der Dachverband der
Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und die pax christi-Nahostkommission
sowie pax christi Baden-Württemberg die unverzügliche Trennung vom
Geschäftsbereich der Tochterfirma Hanson Israel, der in dem von Israel
besetzten palästinensischen Westjordanland tätig ist. Weiter wird die Trennung
von Hanson Israel gefordert, sofern von dort aus die illegalen Siedlungen oder
der illegale Mauerbau und die
Nichteinhaltung des Völkerrechts in dem von Israel besetzten Westjordanland unterstützt
werden.
Für
den Dachverband und als Sprecher der pax christi-Nahostkommission weist Dr.
Manfred Budzinski darauf hin, dass vier
namhafte und renommierte Pensionsfonds sich in den vergangenen Monaten von
HeidelbergCement distanziert haben: „Beim norwegischen Investor FYI Storebrand
kam HeidelbergCement 2015 auf eine Art ´Schwarze Liste´ wegen Verletzung
von Recht und Menschenrechten. Der große dänische Pensionsfonds PFA schloss
HeidelbergCement aus seinen Fonds aus, weil er sonst zu den illegalen
Aktivitäten bezüglich des besetzten Westjordanlandes beitrage und weil nach
seiner Meinung HeidelbergCement beim Abbau von Ressourcen in einer Weise
beteiligt sei, die nicht mit der PFA-Politik für verantwortungsvolle
Investitionen übereinstimme. Die größte norwegische Lebensversicherung KLP schloss
HeidelbergCement (und den mexikanischen Baustoffkonzern Cemex SAB de SV) mit
Wirkung vom 1. Juni 2015 aus dem Investment-Portfolio aus. KLP sieht
grundlegende ethische Normen verletzt und verweist zudem auf die zwingend
notwendige Einhaltung des Humanitären Völkerrechts. Und der staatliche
schwedische Pensionsfonds AP7 schloss nach Cemex nun auch
HeidelbergCement aus. Weitere Fonds überlegen ähnliche Schritte.“
Zudem gerät HeidelbergCement mit seinen Geschäftsgebaren im
Westjordanland – völkerrechtswidrig zu produzieren, Teil einer
Besatzungsökonomie zu sein und so
internationales Recht nicht einzuhalten – in die Schlagzeilen in der
Öffentlichkeit und verliert an Reputation. Manfred Budzinski: „So wurde z.B. im
Politmagazin „Kontrovers“ des Bayerischen Fernsehens am 16. März 2016 von einem
´schmutzigen Profit´ gesprochen und HeidelbergCement aufgefordert, seiner
moralischen Verantwortung gerecht zu werden. Eine negative Resonanz zu
HeidelbergCement findet sich auch in den jüngsten Berichten von Facing Finance
´Dirty Profits´ und von Human Rights Watch ´OCCUPATION, INC. How Settlement Businesses
Contribute to Israel´s Violations of Palestinian Rights´.”
Im
Jahr 2007 kam es zum Kauf des britischen Unternehmens Hanson durch
HeidelbergCement. Eine Tochterfirma des Baustoff-Herstellers Hanson ist Hanson
Israel mit Sitz in Ramat Gan. „Dadurch unterhält HeidelbergCement auf dem
besetzten palästinensischen Gebiet zwei Betonwerke (in den illegalen
israelischen Siedlungen Modiin Illit und Atarot I.Z.) sowie ein Asphaltwerk und
den sehr großen Steinbruch Nahal Raba (südlich von Elkana). Für den Steinbruch
wurden von israelischer Seite über 50 Hektar Land von Bauern in der
palästinensischen Gemeinde Az-Zawiya, auf deren Gemarkung er liegt,
beschlagnahmt. Anders hätte dieser Steinbruch gar nicht eingerichtet werden
können“, schildert Manfred Budzinski die Situation vor Ort.
HeidelbergCement
solle seine Geschäftsbeziehungen mit den internationalen Menschenrechten und
dem humanitäre Völkerrecht und seinen Normen in Einklang bringen. Manfred
Budzinski: „Wenn sich die
israelische Regierung nicht an internationales Recht hält, ist dies für
ein DAX-Unternehmen und einen Global Player im Baustoffbereich wie
HeidelbergCement noch lange kein Grund, diesen Völkerrechtsbruch durch seine
Geschäftstätigkeit im Westjordanland zu unterstützen. Die Trennung von diesem
Geschäftsbereich von Hanson Israel ist unausweichlich!“
Der Dachverband der Kritischen Aktionäre hat für die Hauptversammlung einen Antrag auf Nichtentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gestellt, weil HeidelbergCement bislang nicht auf diese Forderungen eingegangen ist.
Hintergrundinformationen
Bereits im August 2013 wurde der nach eigenen Angaben zu den weltweit führenden Baustoffunternehmen gehörenden Konzern CEMEX von der Nordeuropäischen Bank Nordea aus dem Nordea Investment Management´s investment universe wegen Verletzung internationaler Normen bezogen auf die Menschenrechte ausgeschlossen, weil CEMEX „nicht erneuerbare Rohstoffe aus besetztem Gebiet entnimmt“. Manfred Budzinski: „Es wundert uns sehr, dass HeidelbergCement solch eine Maßnahme gegen sich – auch mit Blick auf die Aktionärinnen und Aktionäre – weiterhin riskieren will. Der Imageschaden für HeidelbergCement wäre enorm, mal abgesehen von der Missachtung von Völkerrecht wie auch der OECD-Leitlinien.“
Das Völkerrecht hat klare Regeln für eine Besatzungsmacht aufgestellt. Artikel 1 der Vierten Genfer Konvention verpflichtet alle Staaten, für die Durchsetzung der Einhaltung des geltenden Völkerrechts Sorge zu tragen. Nach dieser Konvention sind der Lebensraum und die Institutionen der ansässigen Bevölkerung vor willkürlicher Enteignung, Zerstörung und Besiedlung durch die Besatzungsmacht geschützt. Dagegen hat die israelische Regierung bestätigt, dass das Gros des im besetzten Westjordanland abgebauten Materials in das israelische Staatsgebiet geht, der Rest an die Besatzungsarmee und die völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen, um diese auszubauen, was wiederum gegen die Interessen der einheimischen palästinensischen Bevölkerung und gegen das Völkerrecht verstößt.
Nach der Haager Landkriegsordnung von 1907 ist es einer Besatzungsmacht eindeutig verboten, sich Rohstoffe aus besetzten Gebieten anzueignen:
Art. 55: „Der besetzende Staat hat sich nur als Verwalter und Nutznießer der öffentlichen Gebäude, Liegenschaften, Wälder und landwirtschaftlichen Betriebe zu betrachten, die dem feindlichen Staate gehören und sich in dem besetzten Gebiete befinden. Er soll den Bestand dieser Güter erhalten und sie nach den Regeln des Nießbrauchs verwalten.“
Art. 23: „Abgesehen von den durch Sonderverträge aufgestellten Verboten, ist namentlich untersagt:
g) die Zerstörung oder Wegnahme feindlichen Eigentums außer in den Fällen, wo diese Zerstörung oder Wegnahme durch die Notwendigkeiten des Krieges dringend erheischt wird…“
Die EU-Missionschefs in der Region stellten z.B. in ihrem Bericht an den Ministerrat der EU „Area C and Palestinian State Building“ vom Juli 2011 u.a. fest:
„Als Besatzungsmacht ist Israel nach dem Humanitären Völkerrecht (IHL) immer für die Sicherung der Erfüllung der Grundbedürfnisse der besetzten Bevölkerung verantwortlich. Israel ist verpflichtet, seine Besatzung so zu handhaben, dass es zum Wohl der lokalen palästinensischen Bevölkerung geschieht, und nicht, um seine eigene Bevölkerung in das Gebiet unter Besatzung umzusiedeln. Das Humanitäre Völkerrecht geht davon aus, dass jede militärische Besatzung zeitlich begrenzt ist, basierend auf dem Verbot, durch Drohung oder mit Anwendung von Gewalt (Artikel 2, Abs. 4 der UN-Charta) Land in Besitz zu nehmen. Dadurch würde das Recht der Menschen auf Selbstbestimmung untergraben (Art. 1 ICCPR, Art. 1 CESCR). Die Besatzungsmacht … ist nur Verwalter des Landes mit zivilen Verpflichtungen gegenüber der Zivilbevölkerung…“ (Übersetzung: pax christi-Nahostkommission).
Vor mehr als 10 Jahren (2004) bekräftigte das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zum Mauerbau die Rechtswidrigkeit bestimmter israelischer Besatzungsmaßnahmen, darunter den Bau von Siedlungen, und bestätigte die Rechtspflicht aller Staaten, diesen Maßnahmen „keine Beihilfe oder Unterstützung“ zu gewähren. Der Europäische Gerichtshof hat 2010 geurteilt, dass Siedlungen nicht zum Staatsgebiet Israels zählen. Die israelischen Siedlungen in der Westbank und in Ostjerusalem sind ein Haupthindernis auf dem Weg zu einem gerechten Frieden in Nahost. Auf der Homepage des Auswärtigen Amtes heißt es: „In Bezug auf Eigentumserwerb oder Investitionen in den Siedlungen wird darauf hingewiesen, dass die Siedlungen nach Auffassung der Bundesregierung gegen das Völkerrecht verstoßen.“
In den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen in der Neufassung von 2011 heißt es in den Erläuterungen zu dem Kapitel Menschenrechte: „Außerdem sollten die Unternehmen in Situationen bewaffneter Konflikte die Standards des humanitären Völkerrechts einhalten, was den Unternehmen dabei helfen kann, dem Risiko vorzubeugen, negative Auswirkungen zu verursachen oder einen Beitrag dazu zu leisten, wenn sie in solch einem schwierigen Umfeld tätig sind.“ Diese Leitsätze der OECD gelten auch für HeidelbergCement, werden jedoch nicht befolgt.
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Kommission Nahost
Ziel der Arbeit ist ein gerechter Frieden in Nahost mit Fokus auf Palästina und Israel.