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Bericht aus Bethlehem

11. Jun 2007

Brigitta Böckmann, pax christi-Freiwillige im Ökumenischen Begleitprogramm für Palästina und Israel, berichtet aus der Region Bethlehem - aus Husan, einem kleinen Bergdorf recht nahe an der Grenze zu Israel an der sogenannten Grünen Linie. Es liegt in Area B, einem Gebiet in der Westbank, in dem Israel die militärische Oberhoheit besitzt und den Pa…

"Husan hat etwa 6.000 Einwohner und unterhält mehrere Schulen für Mädchen sowie für Jungen. Auf Einladung eines Lehrers der Husan Basic School for Boys besuchten meine beiden Kollegen und ich diese Schule am Samstag, dem 2. Juni 2007. Schulleiter und Lehrer berichteten uns, dass israelische Jeeps täglich in Dorf Streife führen und besonders morgens zum Schulanfang, während der großen Pause und mittags bei Schulschluss dauernd langsam das Schulgelände umkreisten mit dem augenscheinlichen Ziel, die Schulkinder zu provozieren und Reaktionen auszulösen. Wenn sich die Jungen dann dazu hinreißen ließen, mit Steinen zu werfen, den Soldaten hinterher zu rufen oder auch nur zu pfeifen, sei die unweigerliche Antwort des Militärs, Tränengasgranaten in den Schulhof und durch die Fenster in die Klassenräume abzufeuern. Viele ganz normale Spielsituationen und kleinere Raufereien der Schuljungen würden von den Solda-ten als Angriff gedeutet und entsprechend beantwortet, und wenn es auch nur der Fußball ist, der über die Mauer auf die Strasse springe. Der Schulleiter holte als Beweis Relikte von Tränengasgranaten aus seinem Schrank, und wir sahen zudem, dass an der Seite des Schulgebäudes, das an den Schulhof und die davor liegende Strasse grenzt, die eisernen Fensterläden geschlossen waren, um die Kinder vor dem Eindringen des Gases zu schützen.

Die Lehrer berichteten uns ebenfalls, dass die Soldaten wiederholt mit ihren Jeeps das große eiserne Tor, den Haupteingang zur Schule, gerammt und zerstört hätten und dieser nun geschlossen sei, und dass Schüler und Lehrer seitdem nur jenen einen kleinen, engen Seiteneingang benutzen würden, durch den auch wir in die Schule gelangten. Außerdem hat man die Begrenzungsmauer um Schulhof und Schulgebäude herum nun um einen weiteren Meter erhöht auf insgesamt dreieinhalb Meter, um Provokationen von beiden Seiten zu erschweren und Gefahren abzuwenden. In der Tat, das sah alles mehr nach einem Gefängnis als nach einer Schule aus.

Den Lehrern bereitet diese Entwicklung große Sorgen und dass nicht allein aus Gründen der Sicher-heit. Sie sehen, dass der Bewegungsrahmen der Kinder mehr und mehr eingeschränkt wird; es gibt bald kein Refugium mehr, in dem sie sich unbeschwert aufhalten und austoben können. Sie erleben mehr und mehr Mauern, Begrenzungen, Restriktionen: das Schulgelände wirkt wie ein Gefängnis, der israelische Sielderblock Betar Illit weitet sich aus und rückt auf das Dorf zu, ihren Lebensraum und den ihrer Familien weiter einengend, und wenn dann in naher Zukunft auch noch die Trennungsmauer das Dorf umschließt...........

Die Lehrer fragen sich, wie sollen unter solchen Bedingungen gesunde, fröhliche, Kinder heranwachsen, die einmal das Rückgrat der Gesellschaft bilden werden? Wie können sie als Erzieher es schaffen, sie dennoch zu eigenverantwortlichen, selbstbewussten, in sich ruhenden Persönlichkeiten heran zu bilden?

Bethlehem, 10. Juni 2007

Brigitta Böckmann

im Ökumenischen Friedensdienst inPalästina und Israel (ÖFPI ) - ein Programm des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf im Rahmen der Dekade zur Überwindung von Gewalt