Zum Inhalt [I]
Zur Navigation [N]
Kontakt [C] Aktuelles [2] Suchfunktion [4]

Philippinen: Aunahmezustand aufgehoben - politische Situation offen

03. Mrz 2006

Die Filipinos feierten Ende Februar den zwanzigsten Jahrestag ihrer EDSA-Revolution, benannt nach Epifania De los Santos Avenida, der Straße, auf der im Februar 1986 eine mehrtägige People’s Power (Volksmacht) Massendemonstration die Diktatur Ferdinand Marcos gewaltfrei beendete. Zu den Feierlichkeiten kündigten sich auch mehrere Veranstaltungen un…

Gloria Macapagal-Arroyo (GMA), die ihrerseits durch einen weiteren EDSA-Protest im Jahre 2000 das Präsidentenamt von ihrem abgesetzten Vorgänger Joseph Estrada übernommen hat, verhängte allerdings am Morgen des 24. Februar, einen Tag vor den offiziellen Feierlichkeiten, per präsidialer Proklamation 1017 einen weitreichenden nationalen Ausnahmezustand.

Sie begründete die Proklamation 1017 mit einem zuvor verhinderten Staatsstreich einiger hoher Militärs, einer "eindeutigen und gegenwärtigen Gefährdung der Republik, die wir aufgedeckt und vereitelt haben". Die Proklamation beinhaltet u.a. die Rücknahme aller bewilligten Demonstrations- und Protestgenehmigungen, das zeitweilige Verbot aller öffentlichen Versammlungen, die zeitweilige Aussetzung des Schulunterrichtes und beauftragt die Armee, "Frieden und Ordnung im Land sicherzustellen und es vor Terrorismus und Chaos zu wahren".
Insbesondere bei politscher Opposition, Akademikern und Teilen des Militärs führte die Ausrufung des Ausnahmezustands zu heftigen Protesten. Zu sehr erinnerte die Proklamation an das 1972 von Marcos verhängte Kriegsrecht, das ein 14-jähriges gewaltsames Diktat zur Folge hatte. Schnell wurden Stimmen nach politischer und rechtlicher Legitimation laut, denen GMA bisher keine klare Begründung darlegen konnte. Klagen vor dem Obersten Gericht zur Aussetzung des Ausnahmezustands wurden zwar zunächst abgewiesen, werden aber in den nächsten Tagen offiziell verhandelt. Nach Auskunft der Präsidentin soll der Ausnahmezustand bis Samstag bestehen bleiben.

Neben der juristischen Frage der Rechtmäßigkeit von Notwendingkeit und Inhalten der Proklamation 1017 wird insbesondere die Einschränkung von Menschenrechten angeprangert, wie die vorübergehende unbegründete Festnahme von Friedensaktivisten und Oppositionsvertretern und die militärische "Sicherung" von Medien wie z.B. der Fernsehstation ABC-CBS.
GMA, die sich seit ihrer Amtseinsetzung wegen Korruptionsverdachts und schlechter Regierungsführung mehrfach mit Protesten und eindeutigen Rücktrittsforderungen von politischer, militärischer und auch kirchlicher Seite auseinander setzen musste, sieht sich jedoch weiterhin als erste Wahl: "I believe I am the best person to lead this nation through this transition."
Ob sie die Folgen des nationales Ausnahmezustands politsch überleben wird, ist allerdings eher fraglich. Zu ungeschickt war der Zeitpunkt der Proklamation, zu unklar ihre Rechtmäßigkeit und zu fraglich Begründung und Inhalt.

Dass sich, wie von einigen Filipinos befürchtet, eine Marcos-Aera wiederholt, ist somit sehr unwahrscheinlich. Die Machtstrukturen der GMA-Administration sind eher schwach ausgeprägt; das hierzu notwendige Militär stünde nicht geschlossen hinter ihr.

Eine leider bereits feststellbare Folge der politischen Aktion ist der weitere Vertrauensverlust der Bevölkerung in die derzeitige Regierung und das politische Konzept "Demokratie" als solches. Inwieweit die bezeugte politische Instabilität neben wirtschaftlichen Konsequenzen auch Folgen für den Friedensprozess, und damit auf die Konfliktarbeit von Pax Christi, haben wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Manila, 28. Februar 2006,
Patrick Koop